Sie erinnern sich: Letzte Woche ärgerten wir uns, dass die SVP zusammen mit den linken Parteien (SP, Grüne, GLP) das Instrument der Steuerrückvergütung (im Falle von guten kantonalen Rechnungsabschlüssen) versenkte. Diesen Dienstag hat nun die Zusammenarbeit mit der SVP wieder besser geklappt. Bei der Beratung des Budgets 2026 mit dem Aufgaben- und Finanzplan konnten wir zahlreiche Anträge durchbringen, die als Ganzes zum Ziel haben, die Staatsquote zu stabilisieren bzw. in den kommenden Jahren zu senken. Staatswachstum darf kein Naturgesetz sein.
Ebenfalls unterlag die linke Ratsseite bei der Motion, den 1. Mai als Feiertag für das Kantonspersonal aufzuheben (mehr dazu im Artikel von Tim Voser). Nun, man kann es durchaus garstig finden, wenn die Verwaltung der Privatwirtschaft gleichgestellt wird und der freie 1. Mai-Halbtag aufgehoben wird. Die SP-Fraktionsmitglieder steckten sich aus diesem Grund denn auch eine rote Nelke ans Revers. Was ich gestern auf Social Media las, war aus meiner Sicht aber ein Tick zuviel.
Hanspeter Hubmann, SP-Grossrat aus dem Bezirk Zurzach, liess sich unter dem kritischen Post seiner Fraktionskollegin Colette Basler wie folgt verlauten: "Ein weiterer Akt nach dem Motto 'Wehe, wenn die Dummen fleissig werden!' Es sind oft die gleichen Hohlköpfe aus den Kreisen von SVP und FDP, die sich mit solch hirnamputierten Vorstössen profilieren."
Bemerkenswert: Auf der Homepage aussensicht.org steht zu lesen, dass der Job Coach Hanspeter Hubmann als Mentor für Lehrstellensuchende und beim Projekt "Generationen im Klassenzimmer" tätig ist bzw. war. Unter Aus- und Weiterbildung gibt er unter anderem "Gewaltfreie Kommunikation" an. Denken Sie darüber, was Sie wollen.
In der Minderheit zu stehen, ist manchmal frustrierend. Zum Beispiel in Aarau oder Baden (oder in Zürich, Basel, Genf) ist das für die bürgerlichen Parteien sozusagen "tägliches Brot". Das ist Politik – es läuft nach dem Gusto der Mehrheit. Man kann damit auch mit Anstand und Respekt umgehen.
Erste Budgetbeschlüsse gefällt
Dr. Lukas Pfisterer, Grossrat, Ressortleiter Finanzen, Aufgabenplanung und Allgemeine Verwaltung, Aarau lukas.pfisterer@grossrat.ag.ch
Grosser Rat berät Aufgaben- und Finanzplan 2026–29
Der Grosse Rat steckt in der Beratung des AFP 2026–29. Erste Detailentscheide sind gefällt. Nächste Woche folgen die Hauptentscheide mit den Lohnanpassungen und dem Steuerfuss. In der AFP-Beratung legt die FDP-Fraktion den Finger auf drei Themen: Ausgabenwachstum, Lohnbeschlüsse und Steuerfuss.
Ausgangslage der Beratungen ist ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig ansteigendem kantonalem Aufwand. Das heisst, die Staatsquote steigt, und zwar in den letzten zwanzig Jahren dauerhaft, anstelle zumindest stabil zu sein. Das ist auch 2026 so budgetiert. Die FDP will diesen Trend brechen. Für eine stabile Staatsquote muss das Ausgabenwachstum um rund 90 Millionen Franken verringert werden. Es geht also um ein Abbremsen des Wachstums, nicht um ein Sparen. Der Grosse Rat ist bisher in dieser Richtung unterwegs.
So hat die FDP das Streichen von Überbudgetierungen oder gewisse Pauschalkürzungen unterstützt, jedoch einem markanten Stellenaufbau bei der Polizei zugestimmt: Den ordentlichen Aufbau aufgrund des Bevölkerungswachstums, zusätzliche Stellen für die Kriminalitätsbekämpfung, eine zentrale Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen oder auch eine Cyber-Koordinationsstelle zur Gewährleistung der Informationssicherheit im Kanton.
Angemessene Lohnsteigerungen
Die FDP-Fraktion wird nächste Woche angemessene Lohnanpassungen und einen situativen Teuerungsausgleich beantragen. Selbst wenn der Grosse Rat die Lohnanträge des Regierungsrats nicht vollumfänglich bestätigten wird, bleibt der Aargau ein attraktiver Arbeitgeber.
Steuerfuss senken
Der Regierungsrat beantragt per 2026 eine Senkung des kantonalen Steuerfusses um 5 Prozent auf 103 Prozent. Die FDP-Fraktion wird minus 8 Prozent beantragen. Denn in den letzten Jahren hat der Kanton deutliche Rechnungsüberschüsse erzielt und hohe Reserven sowie ein beträchtliches Vermögen angehäuft – er hat rückblickend gesehen zu hohe Steuern erhoben. Die Steuersenkung ist fair und verkraftbar, umso mehr als für das Jahr 2025 erneut ein Überschuss anstelle eines Defizits erwartet wird.
Die Detailberatungen gehen nächste Woche mit dem Bildungsbereich weiter.
Eidgenössische Abstimmungen vom 30. November 2025
Parolen FDP Aargau
1) Service-citoyen-Initiative NEIN
2) Initiative für eine Zukunft (Juso-Initiative) NEIN
Gleiche Regeln für alle – Abschaffung des 1. Mai-Halbtages für Kantonsangestellte
Im Aargau gilt der 1. Mai-Nachmittag einzig für das Staatspersonal als Feiertag. Für all jene, die an diesem Tag in der Privatwirtschaft arbeiten – auf dem Bau, im Detailhandel, in der Gastronomie, im Spital und in der Industrie – gilt dieses Privileg nicht. Sie finanzieren aber diesen von links politisch vereinnahmten Kampftag über ihre Steuern und Abgaben. Der 1. Mai schafft damit eine klare Ungleichbehandlung zwischen einem kleinen, staatlich privilegierten Kreis und der breiten arbeitenden Bevölkerung, die keinen freien Nachmittag hat.
Die zusätzliche Freizeit für das Staatspersonal führt nicht nur zu einer Sonderstellung gegenüber der Privatwirtschaft, sondern auch zu einer spürbaren Wettbewerbsverzerrung. KMU, die dringend Fachkräfte suchen, konkurrieren auf dem Arbeitsmarkt mit einem Arbeitgeber, der nicht nur sichere Stellen und grosszügige Bedingungen, sondern eben auch zusätzliche freie Tage bietet – finanziert mit Steuergeldern. Ein fairer Arbeitsmarkt braucht gleiche Rahmenbedingungen, nicht einseitige Vorteile für den Staat.
Die SP vertritt längst nicht mehr die Arbeiter
Die SP inszeniert sich gerne als Partei der Arbeiter – doch in der Praxis verteidigt sie mit Vehemenz ein Privileg, von dem nur ein ausgewähltes Klientel profitiert. Während Pflegefachpersonen, Handwerker und Serviceangestellte am 1. Mai im Einsatz stehen, setzt sich die SP auf deren Kosten dafür ein, dass staatliche Angestellte sich einen freien Nachmittag gönnen dürfen.
Keine Zweiklassen-Gesellschaft bei der Immobilienfinanzierung
Dr. Lukas Pfisterer, Grossrat, Ressortleiter Finanzen, Aufgabenplanung und Allgemeine Verwaltung, Aarau lukas.pfisterer@grossrat.ag.ch
Bürgerliche Motion zur Aufhebung von Sonderregel überwiesen
Auf Anstoss der FDP-Fraktion beantragten SVP und FDP mit der Motion 25.129 die Aufhebung von § 10 Absatz 3 des Dekrets über den Aufgaben- und Finanzplan (DAF). Diese Bestimmung enthält eine Sonderregel für Immobilienvorhaben ab 50 Millionen Franken. Bei diesen werden bisher anstelle der Nettoinvestitionen die jährlichen Abschreibungen für den Saldo der Finanzierungsrechnung berücksichtigt. Mit diesem Mechano wird die Schuldenbremse teilweise umgangen. Das soll sich nun ändern.
Ausgangspunkt der Regel war die Idee des Regierungsrats einer speziellen Finanzierungsgesellschaft für kantonale Immobilien, die 2016 politisch scheiterte. Gestützt auf einen Vorstoss der FDP (Motion 17.17) entwickelte der Regierungsrat ein neues Modell, fand aber keine mehrheitsfähige Lösung. 2019 schlug er deshalb eine Sonderfinanzierung für Grossvorhaben als Übergangsregel vor, um Investitionsspitzen abzufedern, bis eine Reform der Immobilienfinanzierung vorliegt. Der Grosse Rat stimmte diesem Kompromiss zu – ausdrücklich befristet bis Ende 2023. Eine Reform gelang weiterhin nicht; 2021 beantragte der Regierungsrat die Aufhebung der Befristung und damit die Verstetigung der Sonderregel. Die Übergangslösung wurde zur Dauerlösung, wobei "Lösung" in diesem Fall wohl das falsche Wort ist.
"Zweiklassen-Gesellschaft" der Immobilienfinanzierung
Mit der Sonderregel ist eine "Zweiklassen-Gesellschaft" bei der Immobilienfinanzierung ("über/unter 50 Millionen Franken") entstanden. Sie schwächt die Transparenz der kantonalen Rechnungslegung und unterläuft die Schuldenbremse. Die Tragbarkeit der Investitionen soll jedoch nicht über Sonderregeln für Einzelfälle, sondern über Prioritätensetzung gesteuert werden. Der Regierungsrat hat dies inzwischen auch erkannt und einen Aufnahmestopp für neue Grossvorhaben 2025–2028 beschlossen.
Der Grosse Rat stimmte der Überweisung der Motion an den Regierungsrat zu. Dieser muss nun dem Grossen Rat eine Vorlage zur Revision des DAF vorlegen.
Ratsgeflüster Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
Das Grossratsgebäude erlebt dieser Tage ein eigentliches Upgrade. Die Leiterin des Parlamentsdienstes, Rahel Ommerli, konnte am Dienstagmorgen per Mail verkünden, dass der Personenlift ab sofort in Betrieb sei und man jetzt sprichwörtlich durch das Gebäude "schweben" könne. Schweben passt gut zu Politikern, möchte man dazwischenrufen, wobei bei ebendiesen eher hin und wieder illusorische Vorstellungen in den Köpfen herumschweben, die es dann zum Teil bis ans Rednerpult oder auf ein Vorstossformular schaffen. Aber zurück zum Personenlift: Dieser wurde tags zuvor vom "Hausherrn" Grossratspräsident Markus Gabriel (SVP) eingeweiht, zusammen mit Vorgängerin Mirjam Kosch (Grüne), Vorvorgänger Lukas Pfisterer (FDP) sowie Regierungsrat Markus Dieth (Mitte), seines Zeichens oberster Immobilienverwalter des Kantons und selten dem Beisein an einem feierlichen Akt abgeneigt. "Was lange währt, wird endlich gut", kommentierte Rahel Ommerli die Einweihung des Aufzugs in ihrer Nachricht an die Ratsmitglieder. Dies in Anbetracht des Umstandes, dass es über 20 Jahre von den ersten Überlegungen bis zur Inbetriebnahme gedauert hatte.
20 Jahre, nämlich seit der Verkleinerung des Rates auf 140 Mitglieder, waren auch die bisherigen Stühle im Grossratssaal im Einsatz, bisweilen auch als "Reto Miloni-Stühle" bezeichnet, in Anlehnung an alt Grossrat Reto Miloni, der seinerzeit verantwortlich war für die Auswahl und Beschaffung der Sitzgelegenheiten. Der Sitzkomfort war stets ein wenig umstritten, wofür auch die Ergänzung durch Sitzkeile zeugten. Der Dienst der Reto Miloni-Stühle im Grossratssaal endete also nun. Ganz im Sinn der Nachhaltigkeit wurden sie aber nicht entsorgt, sondern instand gestellt und weiterverkauft. An wen ist nicht öffentlich bekannt, ebensowenig, ob die Sitzkeile mitverkauft wurden oder ob die künftigen Nutzerinnen und Nutzer anders als die meisten Grossratsmitglieder auf diese ergonomische Optimierung verzichten.
Gestört wurde die Ratsdebatte am Dienstag durch ein plötzliches penetrantes Pfeifen. Dieses setzte bei einem Votum von SP-Grossrätin Claudia Rohrer ein, die sich aber davon nicht beirren liess. Als Christoph Hagenbuch (SVP) ans Rednerpult trat, meldete sich der unangenehme Ton zurück und verschwand auch nicht wieder. Hagenbuch vermutete, dass man neu versuche, mit Nebengeräuschen seine kritischen Voten zu unterbinden. Als lärmende Übeltäterin identifiziert wurde schliesslich die Kamera von Tele M1-Videojournalist Jeff Gnehm, der sich seinerseits irritiert zeigte und anmerkte, dass er dies noch nie erlebt habe. Er verschwand vorübergehend mit seinem Arbeitsgerät aus dem Saal und mit ihm auch das störende Geräusch. Wenn Ratsmitglieder im weiteren Sitzungsverlauf ein Pfeifen in den Ohren hatten, kämen Tinitus oder der Überdruss an ohrenschädigenden Voten als mögliche Ursachen infrage. Auf eine flächendeckende Untersuchung durch die im Saal anwesenden medizinischen Fachpersonen wurde jedoch verzichtet.
Bei den Budgetberatungen kommt es wiederholt zu knappen Abstimmungsverhältnissen, so auch diese Woche. Da kann ein versehentlich falsch gedrückter Abstimmungsknopf auch mal ins Auge gehen. Luzia Capanni (SP) sorgte hüben wie drüben für Erstaunen, als sie als einzige Vertreterin des linken Ratsspektrums dem bürgerlichen Antrag auf eine pauschale Budgetkürzung von 17,5 Millionen Franken zustimmte. Versehentlich, wie sich anhand ihrer Reaktion zeigte. Glück im Unglück für Capanni: Die Verhältnisse bei dieser Abstimmung waren ohnehin sehr klar, die Kürzung hätte auch ohne ihre Stimme eine deutliche Mehrheit erzielt.
Knapper wurde es bei der Abstimmung um eine Budgetkürzung im Aufgabenbereich "Arbeitssicherheit und arbeitsmarktliche Integration". In dem Moment, als der Grossratspräsident die Abstimmung eröffnete, betraten die beiden Landwirte Thomas Baumann (Grüne) und Christoph Hagenbuch (SVP) den Saal, sie hatten mutmasslich bilateral noch agrikulturelle Themen abseits des Ratsgeschehens zu besprechen gehabt. SVP-Fraktionspräsident Pascal Furer fordert seinen Fraktionskollegen Hagenbuch auf, nun aber schnell zu machen, um noch rechtzeitig abzustimmen. Es reichte dennoch nicht. Hagenbuch – Sitzplatz weit hinten im Saal – schaffte es im Gegensatz zu Baumann (ganz vorne) nicht rechtzeitig zum Abstimmungsknopf. Entscheidend war die fehlende Stimme zwar auch in diesem Fall letztlich nicht, dennoch setzte es für den Abstimmungssünder einen "ZS" seines Fraktionschefs ab (O-Tun Furer: "Das geht so einfach nicht!"). Mit welcher Wirkung ist unklar, öffentliche disziplinarische Massregelungen hatte Christoph Hagenbuch bisweilen auch schon von Pascal Furers Vorgängerin im SVP-Fraktionspräsidium, Désirée Stutz, erhalten. Offenbar mit begrenzt nachhaltigem Effekt.