Steuern dominieren derzeit die Aargauer Politlandschaft in dreifacher Hinsicht: Die Veranlagungen für die neuen Schätzungswerte sowie Eigenmietwerte, Steuerrückvergütungen und die Senkung des kantonalen Steuerfusses.
Die Veranlagungen für die neuen Schätzungswerte sowie Eigenmietwerte sind der grösste Skandal, seit ich im Grossen Rat politisiere. Seit dem 23. Oktober 2025 wurden die neuen Veranlagungen versendet. Dass dabei eine Datenpanne passiert, ist peinlich. Dass sich aber die Haus- und Wohneigentümer selbst um eine neue Verfügung bemühen müssen, ist unangemessen. Bei dieser Datenpanne ist es leider nicht geblieben.
Wie sich nach knapp vier Wochen herausstellt, ist der Vollzug völlig verunglückt:
Die Verfügungen enthalten keine Begründung, was rechtsstaatlich bedenklich ist. Der Staat hat in Verfügungen immer eine Begründung anzufügen.
Die Werte sind daher für sehr viele Betroffene nicht nachvollziehbar. Gleiche Objekte am gleichen Ort weisen deutlich unterschiedliche Werte auf, was nicht logisch ist.
Es gibt zahlreiche Objekte, die zwar neu einen deutlich höheren Wert haben, aber tiefere Eigenmietwerte aufweisen.
Es scheint, als sei die Datengrundlage nicht stimmig und die dazugehörige Kommunikation ist ungenügend. Resultat wird sein, dass es Tausende von Einsprachen hageln wird. Das Kantonale Steueramt wird Monate brauchen, um diese zu bearbeiten, es wird Jahre dauern, bis die Veranlagungen definitiv sind. Es braucht daher sofort eine Sistierung des Vollzugs. Deshalb haben wir zusammen mit der SVP erfolgreich ein dringliches Postulat eingereicht.
Weniger erfolgreich, um nicht zu sagen gescheitert, ist die bürgerliche Zusammenarbeit bei der freisinnigen Forderung, Überschüsse wieder an die Steuerzahler zurück zu geben.
Das Kantonsparlament lehnt mit den Stimmen der sich stets volksnah präsentierenden SVP und den Links-Parteien eine Änderung des Steuergesetzes ab. Die Gesetzesänderung hätte dem Parlament die Möglichkeit eröffnet, bei hohen Überschüssen der Bevölkerung im Folgejahr Steuern zurück zu geben. Eine niederschwellige und unbürokratische Lösung zur Entlastung der Bevölkerung und zur Verhinderung einer weiteren Anhäufung von Staatsguthaben. Das Bekämpfen von Steuerentlastungen durch die linken Fraktionen vermag schon lange nicht mehr zu überraschen. Die Ablehnung der SVP-Fraktion hingegen ist nichts Anderes als ein grottenschlechter Witz. Entweder hat die Schweizerische Volkspartei die Grundlagen des Aargauer Steuersystems nicht verstanden oder aber sie verfällt neuerdings sozialistischen Narrativen, die eine ungerechte Umverteilung von Vermögen stipulieren. Ein schwarzer Tag für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und für die Parlamentsdemokratie im Aargau. Mehr zu diesem Thema lesen Sie im Beitrag von Adrian Schoop.
Und zum Schluss: Die Senkung des Kantonssteuerfusses um 8 Prozentpunkte wurde im Rahmen der allgemeinen Ansprache zum Budget positioniert. Wir sind zuversichtlich, dass dank der bürgerlichen Mehrheit die Forderung Realität wird. Fortsetzung ab nächstem Dienstag in der Budgetdebatte. Es wird spannend.
Steuerrückvergütung gescheitert
Dr. Adrian Schoop, Grossrat, Ressortleiter Volkswirtschaft, Inneres und Justiz, Turgi adrian.schoop@grossrat.ag.ch
Die FDP bleibt dran, für die Steuerzahler im Aargau
Der Grosse Rat hat die von der FDP angeregte Steuerrückvergütung abgelehnt. Eine unheilige Allianz von SVP, SP, Grüne und GLP lehnte den Gesetzesvorschlag ab.
Die Steuerrückvergütung geht auf ein Postulat der FDP-Fraktion zurück, das der Grosse Rat vor einem Jahr mit deutlicher Mehrheit an die Regierung überwies. Das Ziel: Überschüsse sollten nicht länger in der Ausgleichsreserve angehäuft werden, sondern zurück an die Steuerzahler fliessen. Die vom Regierungsrat ausgearbeitete Vorlage hätte genau dies ermöglicht.
Der Aargau kann es sich leisten In den letzten acht Jahren hat der Kanton Schulden in Höhe von 1.3 Mrd. Franken abgebaut, ist schuldenfrei und verfügt über ein Vermögen von rund 600 Mio. Franken. Dazu kommt eine Reserve von über 1.1 Mrd. Franken, die Jahr für Jahr wächst. Das ist Geld aus den Taschen der Steuerzahler.
Es braucht beides: Steuerrückvergütung und Steuerfusssenkung Die Steuerrückvergütung ist ein ergänzendes Instrument. Sie greift rückwirkend, zum Beispiel wenn auch nach einer generellen Steuerfusssenkung weiterhin Überschüsse anfallen, etwa durch unerwartete Ausschüttungen der Nationalbank. Die Steuerfusssenkung hingegen wirkt in die Zukunft. Beide Instrumente ergänzen sich deshalb ideal.
Ablehnung ist enttäuschend Es ist enttäuschend, dass diese einfache, unbürokratische Möglichkeit keine Mehrheit im Rat fand, weil auch Teile der SVP diese Chance nicht nutzen wollten, obwohl sie 2024 einstimmig dem Postulat der FDP zugstimmt hatten.
Blick nach vorne. Jetzt handeln Die FDP wird weiter für eine Steuerpolitik im Aargau kämpfen, die den Menschen mehr im Portemonnaie lässt. Beim Budget 2026 werden wir mit Nachdruck für eine Steuerfusssenkung von mindestens 8 Prozentpunkten eintreten. Wir werden nicht zulassen, dass die Steuerzahler weiter geschröpft werden, während der Kanton Rekordreserven anhäuft. Mit tieferen Steuern wollen wir den Kanton attraktiv für die Menschen und die Unternehmen machen.
Eidgenössische Abstimmungen vom 30. November 2025
Parolen FDP Aargau
1) Service-citoyen-Initiative NEIN
2) Initiative für eine Zukunft (Juso-Initiative) NEIN
Grosser Rat genehmigt diverse Verpflichtungskredite
Gelder für neue Präventionsstelle Pädosexualität bewilligt
Der Grosse Rat hat in der aktuellen Sitzung sämtliche sechs Verpflichtungskredite und den einzelnen Nachtragskredit in der zweiten Sammelvorlage 2025 gutgeheissen. Dazu gehören die Erneuerung der veralteten Zellenrufanlage in der JVA Lenzburg, der Ersatz der Öl- und Gasheizungen im Areal Buchenhof durch eine nachhaltige Wärmeversorgung, der Ausbau und die langfristige Nutzung der Asylunterkunft in Rekingen, die Modernisierung der IT-Systeme der Sanitätsnotrufzentrale 144 sowie die Einführung des interkantonalen Waldportals als Ersatz für die alten Fachapplikationen. Der Minderheitsantrag, auf die Projektstelle für das Waldportal zu verzichten, fand keine Mehrheit und wurde mit 80 zu 49 Stimmen abgelehnt. Der Nachtragskredit dient der personellen Verstärkung im Zusammenhang mit der Ablösung der Fachapplikation JURIS.
Besonders kontrovers diskutiert wurde der Kredit für die neue Präventionsstelle Pädosexualität, welche von der Kapf-Mehrheit zur Streichung empfohlen worden war. Anstoss für den Handlungsbedarf im Bereich der Prävention gab ein Postulat von Suzanne Marclay-Merz (FDP) und anderen Ratsmitgliedern aus dem Jahr 2021. Während einzelne Mitglieder der FDP und der SVP Zweifel am Konzept und am Verhältnis von Kosten und Nutzen äusserten, betonten andere Parteien sowie eine FDP-Mehrheit die Bedeutung eines niederschwelligen Beratungs- und Behandlungsangebots nach dem Vorbild "Kein Täter werden". Ziel sei es, Menschen mit entsprechenden Neigungen frühzeitig zu erreichen und potenzielle Delikte zu verhindern.
Fachstelle solle Präventionslücke schliessen
Die Debatte erhielt zusätzliche Aufmerksamkeit, als Sozialdirektor Jean-Pierre Gallati mit einer stark zugespitzten Aussage für den Erhalt der Stelle warb. Er stellte den Antragstellern provokativ die Frage, ob sie "neue pädophile Täter" wollten – eine Formulierung, die selbst innerhalb der eigenen SVP zu klarer Kritik führte, da selbstverständlich niemand im Rat Pädophilie gutheisst. Trotz der emotionalen Töne blieb die Mehrheit des Rates überzeugt, dass der Kanton eine solche Präventionslücke schliessen sollte.
Der Streichungsantrag wurde schliesslich mit 88 zu 43 Stimmen abgelehnt. Damit folgt der Grosse Rat dem Regierungsrat, der die Präventionsstelle als wichtigen Beitrag zum Kinderschutz versteht. In der Schlussabstimmung wurden sowohl alle Verpflichtungskredite mit 128 Ja-Stimmen als auch der Nachtragskredit mit 131 Ja-Stimmen einstimmig angenommen.
Nationalbankgeld fliesst weiterhin nur zum Kanton
Dr. Lukas Pfisterer, Grossrat, Ressortleiter Finanzen, Aufgabenplanung und Allgemeine Verwaltung, Aarau lukas.pfisterer@grossrat.ag.ch
FDP wollte SNB-Gewinne mit Gemeinden teilen – Regierung und Parlamentsmehrheit nicht
Die FDP-Fraktion verlangte mit der Motion 25.128, dass der Kanton einen "angemessenen Anteil" der Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) an die Gemeinden weitergibt. Wie hoch dieser Anteil sein soll, überliess die Motion dem Gesetzgebungsverfahren.
Der Regierungsrat lehnte die Motion ab. Die SNB-Ausschüttungen seien stark volatil und eigneten sich nicht zur Finanzierung gebundener Ausgaben oder dauerhafter kommunaler Steuersenkungen. Zudem sei der Aufgaben- und Finanzausgleich zwischen Kanton und Gemeinden bewährt; daran solle sich nichts ändern. Ein Umverteilungsbedarf bestehe nicht.
Solide Kantonsfinanzen, hohe Ausgleichsreserve Die Argumente überzeugten jedoch nicht – zumindest nicht die FDP-Fraktion. Denn der Kanton hat nicht nur die Schulden ab-, sondern mittlerweile ein Vermögen von über 600 Millionen Franken aufgebaut und die Ausgleichsreserve ist mit über 1,1 Milliarden Franken prall gefüllt –zu einem grossen Teil dank SNB-Ausschüttungen. Es wäre daher nichts als konsequent, einen angemessenen Teil mit den Gemeinden zu teilen - mit jenen Trägern, die tagtäglich Kinderbetreuung, Schulraum, Sicherheit im Quartier, Sportinfrastruktur oder auch Vereinskultur finanzieren. Die SNB-Gewinne sind letztlich "Volksvermögen".
Nein des Grossen Rates Der Grosse Rat überwies die Motion nach intensiver Debatte trotzdem nicht. Leider trauten viele Grossratsmitglieder den Gemeinden nicht zu, dass sie mit der Volatilität der SNB-Ausschüttungen zurechtkommen würden – nur der Kanton könne dies. Solches erstaunt! Denn dies drückt eine gewisse finanzpolitische Arroganz und ein Misstrauen gegenüber den Gemeinden aus. Die FDP-Fraktion hatte hingegen Vertrauen in die Gemeinden und stimmte geschlossen für die Motion.
Letztlich ging es um eine klassische "Neid-Debatte" und um die Verteilung eines "Kuchens". Der Kanton darf diesen weiterhin allein geniessen. Bon Appetit!
Ratsgeflüster Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
Fremde Richter bzw. Parlamentarier im Aargau? Auf diesen Gedanken hätte man am Dienstag kommen können, als man zwei im Grossen Rat politisierende Herren aus einem Fahrzeug mit BS-Kennschild aussteigen sah: die Mitte-Grossräte Daniele Mezzi und Alfons Kaufmann. Hat die Nähe der Fricktals zu Basel nun schon so abgefärbt, dass sie ihre Fahrzeuge dort einlösen? Oder aber handelt es sich um eine dreiste Form der Steueroptimierung? Die Frage bleibt ungeklärt. Eine Verbesserung der Steuersituation im Aargau geht aber als Ratsmitglied auch einfach mit dem entsprechenden Stimmverhalten im Grossen Rat. Ein Versuch ist am Dienstag gescheitert, die Einführung der Option einer Steuerrückvergütung. Zugegeben, an der Mitte-Fraktion lag es nicht, sie unterstützte das von der FDP lancierte Anliegen. Nun ist die Budgetberatung gestartet und es steht ein Antrag auf Senkung des Kantonssteuerfusses um 8 Prozent im Raum. Man darf gespannt sein auf das Stimmverhalten der Herren Kaufmann, Mezzi und ihren Kolleginnen und Kollegen der Mitte-Fraktion.
Die Neubewertungen der Liegenschaften im Aargau werfen hohe Wellen. In den vom Departement Finanzen und Ressourcen (DFR) verschickten Verfügungen steckt tief der Wurm drin, wie sich in den vergangenen Tagen zeigte. Zuerst wurden zahlreiche Verfügungen an veraltete Adressen gesandt und nun wird von vielen Seiten die Plausibilität der Verfügungen grundsätzlich infrage gestellt. Ein politisches Unwetter grösseren Ausmasses also. Da erwartet man eigentlich den Kapitän des zuständigen Departements auf der Brücke, sprich den DFR-Chef, Regierungsrat Markus Dieth. Stattdessen liess dieser zuerst Steueramtsleiter Daniel Schudel in der Presse Stellung nehmen und posierte stattdessen in seiner Funktion als Landwirtschaftsminister für einen Artikel im Zusammenhang mit im Aargau produzierten Erdnüssen. Als Finanzdirektor Dieth dann doch noch vor die Medien trat, tat er dies im Talk Täglich von Tele M1 allein, stellte sich keiner Diskussion und versuchte stattdessen dem Hauseigentümerverband Aargau mit Präsidentin und FDP-Grossrätin Jeanine Glarner eine Mitschuld am Debakel zu geben. Mit Verlaub, Herr Regierungsrat, souveräne Krisenkommunikation sieht anders aus.
Die Fraktionen FDP und Grüne sind in seltenen Fällen gleicher Meinung. So kam es auch etwa an der letzten Sitzung beim Thema-Nationalbankgelder zu einem harten, aber stets fairen, Schlagabtausch der beiden ehemaligen Ratsvorsitzenden Mirjam Kosch (Grüne) und Lukas Pfisterer (FDP). In einer Frage waren sich Freisinnige und Grüne dann aber einig: Die Landwirtschaft soll selber Verantwortung übernehmen und Massnahmen gegen den agronomisch verursachten Ammoniakausstoss koordinieren und finanzieren. Da die genannten beiden Fraktionen jedoch die einzigen waren, fand das entsprechende Subventionsbegehren dennoch eine deutliche Mehrheit. Es blieb einzig die Frage im Raum, wieso in aller Welt die GLP-Fraktion – selbst ernannte perfekte Mischung aus grün und liberal – diesem ordnungspolitischen (liberale Sicht) bzw. ökopolitischen (grüne Sicht) Sündenfall zugstimmt hat. Das weiss (im besten Fall) nur sie selbst.
Ratsflüsterer
Jubiläum: 30 Jahre Jungfreisinnige Aarau
Samstag, 29. November 2025 Aula Berufsschule Aarau
Gäste: Ständerat Thierry Burkart, Grossrätin Sabina Freiermuth, Präsidentin FDP Aargau und Markus Somm, Verleger Nebelspalter, Jonas Lüthy, Präsident Jungfreisinnige Schweiz