Im Herbst 2025 hat der Grosse Rat unseren Antrag für die Erarbeitung einer Standesinitiative zur Wiedereinführung von verstärkten Grenzkontrollen überwiesen. Die Kommission für öffentliche Sicherheit SIK hat in der Zwischenzeit einen Text ausgearbeitet und zu Handen des Plenums mit einer soliden Mehrheit verabschiedet. Am Dienstag durften wir uns nun über eine deutliche Zustimmung im Parlament freuen. Die Fraktionen der SVP (Mitunterzeichnerin) und Mitte unterstützten die Standesinitiative einstimmig. Ich freue mich über diese gelungene bürgerliche Zusammenarbeit!
Die aktuelle sicherheitspolitische Entwicklung legt es nahe, die verstärkten Grenzkontrollen wieder aufzunehmen, umso mehr, als Deutschlands neue Regierung die Grenzkontrollen weiter verschärft hat. Die Schweiz muss sich an den Massnahmen Deutschlands orientieren, um nicht mit Negativ-Effekten (Verbleib zurückgewiesener Asylbewerber in der Schweiz, Asylkriminalität) konfrontiert zu sein. Die Lage in den Kantonen und Gemeinden ist schon heute angespannt. Die deutschen Massnahmen dürfen diese Situation nicht weiter verschärfen. Es ist angebracht, dass der Aargau seine Position gegenüber dem Bund geltend macht.
Ein weiterer Antrag für eine Standesinitiative blieb aufgrund Zeitmangels unbehandelt: Die SVP will die Bundesversammlung auffordern, die Abstimmung über die EU-Verträge dem obligatorischen Referendum zu unterstellen. Die FDP-Fraktion wird diesen Antrag vorläufig unterstützen. Warum? Bereits Ende April hat der Bundesrat empfohlen, die EU-Verträge nicht dem obligatorischen Ständemehr zu unterstellen. Das einfache Volksmehr soll genügen. Die Entscheidungskompetenz liegt beim Bundesparlament. Niemand weiss, warum der Bundesrat sich so früh zu dieser prozeduralen Spielregel äussert – bevor überhaupt die Vertragstexte bekannt sind. Klar, treibt dies die Aufregung ums Ständemehr an. Der Bundesrat hat diesen Antrag also provoziert. Ob eine Standesinitiative nötig wird, ist aus heutiger Sicht nicht erkennbar. Erst, wenn wir den Inhalt der Verträge kennen, können wir seriös beurteilen, ob es das Ständemehr braucht oder nicht. Der Antrag kann zur Prüfung an die Kommission überwiesen werden. Alsdann entscheiden wir im Herbst über die Standesinitiative – en connaissance de cause.
Labiola ist keine Einladung zum Geldausgeben
Dr. Adrian Schoop, Grossrat, Ressortleiter Volkswirtschaft, Inneres und Justiz, Turgi adrian.schoop@grossrat.ag.ch
Der Grosse Rat hat dem Zusatzkredit Labiola für die Jahre 2026/27 zugestimmt. Auch die FDP-Fraktion sagt grossmehrheitlich "Ja" – wenn auch zähneknirschend
Das Programm Labiola "Landwirtschaft – Biodiversität – Landschaft" setzt im Kanton Aargau Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsbeiträge durch Bewirtschaftungsvereinbarungen mit Landwirten um. Der Bund trägt 90 Prozent der Fördermassnahmen, der Kanton Aargau 10 Prozent sowie die Kosten der Umsetzung. Über 60 Prozent der Aargauer Landwirtschaftsbetriebe machen mit. Für uns ein Zeichen dafür, dass die Umsetzung in der Praxis funktioniert.
Aus Sicht der FDP sind zentrale Anforderungen an ein staatliches Programm erfüllt: Freiwilligkeit, Eigenverantwortung und Wirkungskontrolle. Letztere wird nicht behauptet, sondern gemessen. So haben sich die Förderflächen beinahe verdoppelt und die Artenvielfalt zugenommen. Das ist positiv, insbesondere weil es ohne "Zwängerei" erreicht wurde.
Aber: Labiola bleibt eine Subvention! Und Subventionen prüft die FDP besonders kritisch. Denn sie bergen das Risiko für Fehlanreize, einen schleichenden Automatismus und letztlich hohe Kosten für die Steuerzahler. Aktuell prüft der Bund im Rahmen des Sparprogramms eine Reduktion seines Finanzierungsanteils auf 50 Prozent ab dem Jahr 2027. Für die FDP ist klar: Wenn der Bund spart, kann der Kanton nicht einfach einspringen und diese Lücke schliessen!
Unsere Erwartungen Der Mitteleinsatz für Labiola soll auch künftig messbare Wirkung zeigen. Im Fokus steht für uns dabei die Verhältnismässigkeit der Beratungs- und Kontrollkosten. Für die in Aussicht gestellte Weiterentwicklung ab 2028 ist das Programm kritisch zu hinterfragen und an messbaren Zielen auszurichten.
Die FDP Aargau steht für eine Umweltpolitik mit Augenmass. Wo Anreize greifen, braucht es keine staatliche Gängelung. Genau deshalb verdient Labiola Unterstützung solange Wirkung, Effizienz und Kosten im Gleichgewicht bleiben.
Der Aargau will bei Kernkraft vorwärts machen
Adrian Meier, Grossrat, Ressortleiter Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung, Menziken adrian.meier@grossrat.ag.ch
Grosser Rat spricht sich für Technologieoffenheit in der Energiepolitik aus
Am Dienstag wurden zwei Vorstösse zum Thema Kernenergie behandelt. Einerseits wollte die SVP-Fraktion den Regierungsrat mit einer Motion beauftragen, alle in seiner Kompetenz stehenden Vorkehrungen und Absprachen zu treffen, damit im Kanton Aargau möglichst rasch ein Ersatzbau eines Kernkraftwerkes oder mindestens ein weiteres Kernkraftwerk in Betrieb genommen werden kann. Andererseits forderte die FDP-Fraktion den Regierungsrat mit einem Postulat auf, sich bei der Vernehmlassung zum geplanten indirekten Gegenvorschlag zur Blackout-Initiative technologieoffen zu äussern. Beide Vorstösse fanden im Grossen Rat eine Mehrheit.
Der Kanton Aargau zählt eine Strommangellage bei seiner aktuellen Gefährdungs- und Risikoanalyse zu den drei grössten Risiken im Hinblick auf das mögliche Schadenpotenzial. Die Wahrscheinlichkeit, dass im Winter während mehrerer Monate eine Stromunterversorgung eintreffen könnte, ist mit Stromimporten in den Wintermonaten nicht gebannt. Das abschätzbare Schadensausmass ist gewaltig und kommt in die Nähe einer mehrjährigen Pandemie. Die Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft sind verheerend.
Ja zu beiden Vorstössen dank bürgerlicher Mehrheit Die FDP-Fraktion unterstützt deshalb die Bestrebungen, die absehbare Stromlücke im Winterhalbjahr von ca. 15 TWh mit einem Anteil an Bandenergie zu minimieren. Dazu gehören neben der Wasserkraft insbesondere die Kernenergie. Der Schweizer Souverän hat sich das Ziel gesetzt, bis ins Jahr 2050 CO2-neutral zu sein. Das funktioniert nur mit einer klimaschonenden Stromversorgung im Winter. Wir wollen also, dass der Kanton Aargau – sobald das Neubauverbot für Kernenergieanlagen auf Bundesebene gestrichen ist – für einen Ersatz- oder Neubau bereit ist.
Mitte-Links wehrte sich vehement und auch emotional gegen beide Vorstösse. Schlussendlich obsiegte die Mehrheit aus SVP und FDP mit 72 zu 63 Stimmen respektive 75 zu 49 Stimmen.
Ende 2023 beschloss der Grosse Rat einen Verpflichtungskredit über 4.6 Millionen Franken für die Kantonale Unterkunft Oftringen. Der Bedarf ist auch heute unbestritten, auch die Gemeinde Oftringen hat dem Projekt zugestimmt. Die Baubewilligung ist erteilt. Nun hatte der Grosse Rat einen Zusatzkredit über 2.85 Millionen Franken zu beraten. Äusserst unerfreulich ist, wie es dazu kam. Die FDP-Fraktion hat dem Kredit zwar zugestimmt, den Regierungsrat aber gleichzeitig dazu aufgefordert, seine Führungsaufgaben besser wahrzunehmen.
Der Kantonale Sozialdienst KSD musste das Bauprojekt erarbeiten, nicht die Abteilung Immobilien Aargau IMAG, wie man annehmen könnte. Ein Grossteil dieses Zusatzkredits ist denn auch auf zu wenig Wissen und Erfahrung im Baubereich zurückzuführen. Der KSD macht sehr gute Arbeit – in seinem Kompetenz- und Wissensbereich. Aber für die Erarbeitung von Bauprojekten fehlt definitiv das nötige Know-how.
Hohe Folgekosten Nicht nur dieser Zusatzkredit belastet uns Steuerzahler, auch der durch die Projektverzögerung versursachte Längerbetrieb der unterirdischen Unterkünfte verursacht unnötige Mehrkosten. Die IMAG wäre mit allem ausgestattet, was es für die Erarbeitung solcher Projekte braucht. Es ist fragwürdig, warum man auf diese Expertise freiwillig verzichtet und dafür unter anderem für eine Million Franken externe Fachleute herbeizieht.
Regierungsrat muss führen Mit der Haltung, für die Asylunterkünfte (die normalerweise angemietet werden), sei die IMAG nicht zuständig bzw. bei der IMAG gehe eine solche Projektierung zu lange, macht es sich der Regierungsrat zu einfach. Wir erwarten, dass er im Sinne des FDP-Postulats 24.145 den Handlungsbedarf erkennt und seine Führungsaufgaben wahrnimmt. Nicht die IMAG definiert ihre Aufgaben, sondern deren politische Führung. Die Aufträge sind klar zu definieren, die zeitlichen und inhaltlichen Prozesse sind so zu festzulegen, dass es dem Kanton und seiner Bevölkerung dient. Wir behalten uns vor, uns dazu mit einem Vorstoss einzubringen.
Aktuelle Vorstösse aus der FDP-Fraktion
Wirksamkeit der obligatorischen Sicherheitsveranstaltungen Interpellation von Grossrätin Denise Strasser und weiteren Ratsmitgliedern Die Interpellation befasst sich mit der Wirksamkeit und den Auswirkungen der seit Juli 2024 obligatorischen Sicherheitsveranstaltungen im Aargauer Bevölkerungsschutz. Sie fordert vom Regierungsrat eine erste Bilanz zu Nutzen, Kosten, Aufwand und Erfolgen – insbesondere im Hinblick auf die Zielsetzung, dem Zivilschutzunterbestand entgegenzuwirken. Ziel ist es, eine kritische Überprüfung des bisherigen Konzepts anzuregen und mögliche Anpassungen oder ein frühzeitiges Ende der Veranstaltungen zu prüfen.
Umsetzungsfragen hinsichtlicher möglichen Abschaffung des Eigenmietwertes Interpellationvon Grossrätin Jeanine Glarner und weiteren Ratsmitgliedern Am 28. September 2025 stimmen wir über die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung ab. Wird diese fiktive Besteuerung von Wohneigentum endlich abgeschafft, so erhalten die Kantone einerseits die Möglichkeit, auf Zweitliegenschaften eine Liegenschaftssteuer einzuführen. Andererseits können sie weiterhin Steuerabzüge für Energiesparmassnahmen zulassen. Deshalb werden mittels Interpellation Umsetzungsfragen an den Regierungsrat gerichtet.
Ratsgeflüster Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
Grossratspräsident Markus Gabriel eröffnete die Sitzung am Dienstagmorgen wie gewohnt um punkt 10 Uhr von seinem Platz auf dem Präsidiumspodium. Ungewohnt war, dass er hierfür nicht das festinstallierte Saalmikrofon, sondern ein mobiles Handmikrofon verwendete. Grund dafür war die hartnäckige Weigerung der Saalanlage, ihren Betrieb aufzunehmen. Alle Ratsmitglieder, die ein Votum hielten, mussten an der Vormittagssitzung auf das mobile Gerät zurückgreifen und – so die Anweisung des Vorsitzenden – "klar und deutlich" ins Mikrofon sprechen. Das funktionierte soweit ganz gut, mit dem entscheidenden Unterschied, dass die improvisierte mobile Anlage deutlich weniger gut zu hören war als sonst die Saalanlage. Das hatte aber durchaus auch seine gute Seite. Selten war es im Saal so ruhig, wegen der leisten Audioanlage wurde bei informellen Gesprächen für einmal wirklich Zurückhaltung geübt und wenn es doch dazu kam, dann nur mit gedämpfter Stimme.
Für eine sprichwörtlich energiegeladene Debatte sorgte eine SVP-Motion, die den Regierungsrat beauftragen will, Vorkehrungen zu treffen, dass im Aargau der Bau eines neuen Kernkraftwerkes möglich sein solle. Das sorgte wenig überraschend bei der linken Ratshälfte für heftigen Widerstand. Martin Brügger (SP) etwa riet dringend davon ab, ein "totes Pferd" zu reiten, sprich künftig noch auf die Kerntechnologie zu setzen. Das liess wiederum SVP-Grossrat Christoph Hagenbuch nicht auf sich sitzen: Es sei genau umgekehrt, es seien die linksgrünen Kreise, die auf dem toten Pferd der gescheiterten Energiestrategie sässen, die Befürworter der Kernenergie seien diejenigen, die in Zukunft schauen, sinnbildlich auch hoch zu Pferd; "Wir sind die Kavallerie!" rief Hagenbuch in den Saal. Der geneigte Politbeobachter mag sich an den ehemaligen deutschen Finanzminister (und gescheiterten Kanzlerkandidaten) Peer Steinbrück (SPD) erinnern, der wegen Uneinigkeit in Steuerfragen mit der deutschen Kavallerie in der Schweiz eingaloppieren wollte. Seiner martialischen Rhetorik war wenig Erfolg beschieden, im Gegensatz zu der des Aargauer Kernkraft-"Vorreiters" Christoph Hagenbuch, mit den Stimmen von FDP und SVP überwies der Grosse Rat die Motion nach geführter verbal berittenen Schlacht (ohne tote oder lebendige Pferde im Saal) an den Regierungsrat. Es ist in dieser Sache also noch nicht das letzte Wort gesprochen bzw. gewiehert.
Nach der Mittagspause hatte die Saalanlage ihren Widerstand aufgegeben und nahm den Dienst wieder auf. Der Ratsvorsitzende appellierte, dass dennoch weiterhin disziplinierte Ruhe im Saal herrschen möge. Das funktionierte erstaunlich gut, zumindest was die Gespräche abseits des Mikrofons betraf. Am Rednerpult flogen spätestens dann die verbalen Fetzen, als es um die Thematik der integrativen Schule ging. Mitte-Vertreter Harry Lütolf, berüchtigt für seine bisweilen cholerisch anmutenden Ausbrüche, tobte ob der Tatsache, dass sich die Fraktionen FDP und SVP in der neuen Legislatur und veränderten Mehrheitsverhältnissen weiterhin kritische Vorstösse zur integrativen Schule einreichen. Und überhaupt, der Einwohnerrat Wohlen, dem er angehöre, habe kürzlich entschieden, dass man keine Kleinklassen wolle. Das habe das Kantonsparlament gefälligst zu berücksichtigen und habe sich zu hüten, hier der Gemeinde Wohlen "so einen Mist aufs Auge zu drücken". Damit hatte Grossrat und Einwohnerrat Lütolf eine Grenze überschritten. Während Grossratspräsident Markus Gabriel noch diplomatisch festhielt, er hätte eine etwas "vorsichtigere Wortwahl" geschätzt, hielt sich Bildungsdirektorin Martina Bircher weniger zurück. Sie stellte in geharnischtem Tonfall die rhetorische Frage, wo man denn sei, wenn ein Grossratsmitglied Förderklassen als "Mist" bezeichneten. Das sass. Zumindest für den Rest des Sitzungstages. Weitere verbale Eskapaden des selbsternannten Demokratiehüters Lütolf sind so sicher wie der Freiämter Nebel im Winter.