Heute geht eine Woche voller Festivitäten zu Ende. Sie wissen, wovon ich spreche: Am Montag die Wahl zur Nationalratspräsidentin im Bundeshaus, am Mittwoch die Feierlichkeiten in Murgenthal, Aarau und Suhr. Mit Maja Riniker darf die FDP Aargau erneut für ein Jahr die höchste Schweizerin stellen. Was für eine Freude und Ehre für uns Aargauer Freisinnige!
Maja bringt für die Aufgabe die idealen Voraussetzungen mit: Entschlusskraft und Zielstrebigkeit, Pragmatismus und Durchsetzungsvermögen, Humor und Geselligkeit. Wir kennen Maja und wissen daher, dass sie den Rat umsichtig leiten und die Schweiz kompetent und glaubwürdig vertreten wird. Für das bevorstehende, ebenso spannende wie intensive Jahr wünschen wir Maja viel Erfolg, Energie und die nötige Portion Gelassenheit.
Damit ist aber nicht genug der Freude: Etwas ruhiger gehen die Wahlen jeweils im Ständerat über die Runde. Aber mit Andrea Caroni darf die FDP im Jahr 2025 auch den Ständeratspräsidenten stellen. Und wenn alles seinen gewohnten Lauf nimmt, so wird unsere Bundesrätin Karin Keller-Sutter am 11. Dezember zur Bundespräsidentin 2025 gewählt werden. Ferner als Sahnehäubchen: Vorgesetzt der Wahl wird am 18. Dezember der freisinnige Bundesrichter François Chaix zum Präsidenten des Bundesgerichts gewählt!
Last but not least: Mit der Wahl von Thierry Burkart als Ersatz-Stimmenzähler des Ständerats wird diese Woche noch freudiger. Es freut uns als Kantonalpartei sehr, dass unser angesehener Ständerat und nationaler Parteipräsident in der Kleinen Kammer eine Führungsrolle übernimmt und für das Präsidium 2028/29 vorgesehen ist.
FDP Aargau in Feierlaune: Nationalratspräsidentin Maja Riniker (Bildmitte) mit Vize-Parteipräsident Norbert Stichert, Vize-Fraktionspräsidentin Jeanine Glarner, Parteipräsidentin Sabina Freiermuth, Vize-Parteipräsidentin Claudia Hauser, Neo-Grossrat Andi Schmid und Geschäftsführer Stefan Huwyler (v.l.n.r).
Etappenerfolg beim Einsatz für gezielte Entlastungen
Kurz vor Ende der Legislatur befasste sich der Grosse Rat mit einer Steuergesetzrevision. Damit sollen in zwei Umsetzungspaketen die Steuer-Mehreinnahmen von rund 190 Millionen Franken an die Bevölkerung zurückgegeben werden. Diese Mehreinnahmen resultieren aus der Anhebung des Eigenmietwerts sowie der Neuschätzung der Liegenschaften und damit deutlich erhöhten Vermögenswerten. Angestossen hatte die Revision ein Vorstoss der FDP- und SVP-Fraktionen.
Konkret geht es im ersten Umsetzungspaket um folgende Punkte: Erstens die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs von heute 10'000 auf 25'000 Franken, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern soll; zweitens eine Erhöhung des Kinderabzugs; drittens eine Erhöhung des Vermögensfreibetrags; viertens eine Senkung der Vermögenssteuertarife; fünftens die Senkung der Gewinnsteuer für Vereine, Stiftungen und juristische Personen.
Entlastungen für Familien, Liegenschaftseigentümer und Mittelstand
Gerade die vierte Massnahme ist für Liegenschaftseigentümerinnen und -eigentümer entscheidend. Denn mit der Erhöhung der Vermögenswerte aufgrund der Neuschätzung der Liegenschaften würden ohne Steuergesetzrevision die Vermögenssteuern für viele Menschen aus dem Mittelstand stark ansteigen. Das Gesamtpaket bringt aber auch Entlastungen für Familien mit Kindern sowie aufgrund der höheren Vermögensfreigrenze für den Mittelstand ohne Wohneigentum. Die Steuergesetzrevision ist somit ausgewogen und wird den Kanton Aargau im interkantonalen Vergleich attraktiver machen.
Volksabstimmung im kommenden Jahr
Die Revision haben die Fraktionen FDP, SVP, GLP und Mitte geschlossen unterstützt. Im 2025 wird es zur Volksabstimmung zum ersten Paket kommen. Die FDP hat sich vergeblich dafür eingesetzt, dass beide Pakete in einem Aufwisch dem Volk unterbreitet werden. Wir wollten eine gestaffelte Umsetzung, aber keine Staffelung im Entscheid der beiden Umsetzungspakete. Wir standen dabei leider auf verlorenem Posten. Das ist zu akzeptieren. Es gilt nun, den Fokus auf die bevorstehende Volksabstimmung zu richten. Die FDP wird bei der Ja-Kampagne in jedem Fall eine zentrale Rolle übernehmen.
Das zweite Umsetzungspaket mit einer Entlastung der hohen Einkommen und der Integration des Kleinverdienerabzuges wurde in erster Lesung ebenfalls gutgeheissen. Die vom Regierungsrat beabsichtigte Erhöhung der Grundstücksgewinnsteuer ab dem 20. Besitzjahr wurde dabei klar abgelehnt. Die zweite Beratung zu diesem zweiten Umsetzungspaket wird voraussichtlich im Verlaufe des nächsten Jahres stattfinden und eine allfällige Volksabstimmung im 2026.
Flexbilisierung der Altersgrenze für nebenamtliche Richter
Überparteiliche Motion erreicht Stärkung des Milizsystems
Gemeinsam mit anderen Grossrätinnen und Grossräten aus FDP, SVP, Mitte und SP verlangte ich in einer Motion eine moderate Flexibilisierung der Altersgrenze von nebenamtlichen Richterinnen und Richtern. Personen in einem solchen Amt, die während ihrer Amtszeit die gesetzliche Altersgrenze von 70 Jahren erreichen, sollen die Amtsperiode künftig noch beenden können. Damit sollen unnötige Wahlgänge vermieden, Kontinuität geschaffen und die Bezirksparteien entlastet werden.
Vergangenes Jahr hatte eine ebenfalls überparteiliche Motion die Erhöhung der Altersgrenze für nebenamtliche Richter von 70 auf 75 Jahre gefordert. Dieser Vorstoss wurde von einer Ratsmehrheit abgelehnt. Das gilt es zu respektieren. Schon beim damaligen Vorstoss ging es den Motionärinnen und Motionären darum, das Milizsystem zu stärken. Einerseits damit Personen im Pensionsalter, die noch fit und motiviert für ein Richteramt sind, dieses noch eine gewisse Zeit ausüben können. Andererseits, um den Bezirksparteien als zuständige Milizorgane etwas mehr zeitliche Flexibilität bei der Nachfolgerekrutierung einzuräumen.
Höhere Kontinuität und weniger Kosten
Die neue Motion ging klar weniger weit als die erwähnte von letztem Jahr. Auch hier war die Absicht eine Stärkung des Milizsystems, denn es gibt verdankenswerterweise verhältnismässig viele Personen im Pensionsalter, die bereit sind, das Amt einer nebenamtlichen Richterin bzw. eines nebenamtlichen Richters auszuüben. Wenn sie die Altersguillotine von 70 Jahren erreichen, schadet dies der Kontinuität, löst dies bei den Bezirksparteien einen nicht zu unterschätzenden Aufwand für die unterjährige Suche nach einer Nachfolge aus. Zudem fallen unnötige zusätzliche Kosten an, da ein separater Wahlgang notwendig wird.
Mit der Annahme der Motion verliert die Rechtssprechung im Kanton Aargau weder Qualität noch Glaubwürdigkeit, vielmehr gewinnt sie etwas Kontinuität. Das Abstimmungsergebnis war knapp: 66 Grossrätinnen und Grossräte stimmten dafür, 63 dagegen. Die Meinungen waren auch innerhalb verschiedener Fraktionen geteilt. Das knappe Resultat spielt für die Fortsetzung des Prozesses keine Rolle, Regierungsrat und Justizleitung erhalten mit der Überweisung der Motion vom Parlament den Auftrag, eine Gesetzesänderung auszuarbeiten.
Aktueller Vorstoss aus der FDP-Fraktion
Fragen zum temporären Ausfall des kantonalen Steuerprogramms Digitax Interpellation von Grossrätin Jeanine Glarner
In der Woche vom 25. November 2024 war die Performance des Programms Digitax des kantonalen Steueramts so schlecht, dass die Gemeindesteuerämter während einer ganzen Woche nicht arbeiten konnten. Ohne funktionierendes Programm Digitax können keine Veranlagungen gemacht und keine Auskünfte erteilt werden. Der ganze Kanton war im Bereich Steuern während einer Woche also faktisch lahm gelegt. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen, die in einer Interpellation gestellt werden.
Ratsgeflüster Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
Die Revision des Steuergesetzes als zentrales Geschäft prägte den letzten Sitzungstag und sorgte für hitzige Diskussionen, auch abseits des Protokolls. Grossratspräsidentin Mirjam Kosch sah sich genötigt, eine "interfraktionelle Sitzung" von Andy Steinacher (SVP), Silvan Hilfiker (FDP) und Alfons Kaufmann (Mitte) rund um den Platz des Letztgenannten mittels präsidialer Aufforderung zu beenden.
Mitunter Auslöser der Diskussionen war ein von Silvan Hilfiker gestellter Verfahrensantrag, dass die 2. Lesung des aktuellen Revisionspaketes und die 1. Lesung des nächsten, bereits vorbereiteten Paketes gemeinsam beraten werden. Der FDP-Fraktionspräsident erläuterte stringent, weshalb es im Sinn der Sache sei, die Beratungen zusammenzuführen. Der Antrag wurde schliesslich gutgeheissen, mit den Stimmen von SVP, FDP und GLP erreichte er trotz starkem Widerstand der übrigen Fraktionen eine Mehrheit. Die Grossratspräsidentin stellte fest, dass alle Fraktionen gemäss den Voten ihrer Fraktionssprecher abgestimmt hatten und schloss daraus, dass alle Ratsmitglieder verstanden hatten. Dafür hätten wohl nicht alle im Saal die Hand ins Feuer gelegt. Die Fraktionspräsidien und -sprecher durften immerhin zur Kenntnis nehmen, dass ihre Kolleginnen und Kollegen in dieser Sache fraktionsintern loyal abgestimmt hatten, ob in Kenntnis oder Unkenntnis der Hintergründe spielt für das Abstimmungsresultat bekanntlich keine Rolle.
Gewisse Begriffe kommen in der Politik besonders gerne und häufig zur Anwendung, etwa "Mitnahmeeffekte" oder "Giesskanne". Eine neue Stilblüte pflanzte am Dienstag SVP-Sprecher Andy Steinacher, der sich namens seiner Fraktion gegen die Erhöhung der Steuerabzüge für Kinderdrittbetreuung wehrte und von einem "Mitnahmeeffekt mit der Giesskanne" sprach. Der durchschnittlich politisch gebildete Mensch scheitert beim Versuch, sich dies zu versinnbildlichen. Finanzmittel mit der Giesskanne auszuschütten impliziert die Beliebigkeit ohne direkten Nutzen im Ziel. Mitnahmeeffekte wiederum stehen für Mittel, die auch an Empfänger bezahlt werden, die in der dahinterstehenden politischen Absicht nicht eingeplant waren, also quasi "Giesskanne light". Der Mitnahmeeffekt ist semantisch kaum auflösbar, am nähesten käme ihm wohl der Fachbegriff "Pleonasmus", also die Häufung sinngleicher oder sinnähnlicher Wörter oder Ausdrücke (beispielsweise "weisser Schimmel" oder "tote Leiche"). Politisch war es letztlich eine klare Sache: die deutliche Ratsmehrheit lehnte den SVP-Antrag ab und verfolgte damit den Kurs weiter, den man seit der Überweisung eines Vorstosses von Sabina Freiermuth und Silvan Hilfiker (FDP) in dieser Sache eingeschlagen hatte. Zur Entlastung von Andy Steinacher darf man festhalten, dass sie dies wohl so oder so getan hätte, linguistische Wirrungen hin oder her. Besagter Silvan Hilfiker war in der Beratung bisweilen der Verzweiflung nahe, da seine Argumente von gewissen Ratsmitgliedern einfach nicht verstanden oder aber bewusst ignoriert wurden. Urs Plüss (EVP), Vizepräsident 2 des Grossen Rates, entging dies nicht und er munterte den FDP-Fraktionspräsidenten mit einem Weihnachtsschöggeli auf, das er ihm persönlich an den Platz brachte. Eine schöne Geste, ganz im Sinn der von der EVP in ihrem Parteiprogramm prominent genannten Nächstenliebe.
Weiter mit interessanten Phrasen ging es in einem Votum von Carol Demarmels (SP), die sich vehement gegen eine Senkung der Vermögenssteuer wehrte. Davon würden nur die Reichen profitieren, so ihre Argumentation. Den Einwand, es beträfe vor allem auch Liegenschaftsbesitzer aus dem Mittelstand, liess sie nicht gelten. "Ich habe ein Haus, aber kein Vermögen!", rief sie in den Saal. Gelächter in der rechten Seite. Eine Liegenschaft mit Wert unter der Vermögensfreigrenze müsste sehr bescheiden sein, selbst ein Tiny House auf winzigem Grundstück würde diese Grenze mutmasslich übersteigen. SVP-Grossrat Christoph Hagenbuch war einmal mehr nicht um eine direkte Antwort verlegen und meinte sarkastisch, man solle doch ein wenig Mitleid mit Carol Demarmels haben und sie als Liegenschaftsbesitzern doch wenigstens von der (von der SP vehement verteidigten) Grundstücksgewinnsteuer entlasten.
Als umsichtige Sitzungsleiterin mit der notwendigen Prise Humor hat sich Mirjam Kosch in ihrem Präsidialjahr ein breites Ansehen im Grossen Rat erarbeitet. Dass sie auch das Zeitmanagement beherrscht, bewies sie am Dienstag einmal mehr. Nachdem in der Vorwoche schon das Monster-Geschäft Aufgaben- und Finanzplan nach 1,5 Tagen Beratung exakt auf die Mittagspause um 12:30 Uhr fertig beraten war, gelang dies in der aktuellen Woche auch beinahe perfekt mit dem Steuergesetz. Das durchaus auch im Eigeninteresse der Vorsitzenden. Es gibt wohl wenig unausstehlichere Menschen als hungrige und durstige Politikerinnen und Politiker.
Noch nicht ganz auf der Spur war nach der Mittagspause Landstatthalter Dieter Egli, als er mitten in einem Votum bemerkte, dass er zum falschen Geschäft sprach. Dass es bis dahin auch sonst niemand im Saal bemerkte oder zumindest niemand intervenierte, kann zum Vorteil oder Nachteil für den Innendirektor ausgelegt werden. Regierungsrat Egli manövrierte sich pragmatisch aus der misslichen Lage und meinte, das meiste zum aktuellen Geschäft sei ja ohnehin schon gesagt worden. Ein Bonmot, das anderen Regierungsmitgliedern und selbstverständlich auch Grossräten bei anderen Gelegenheiten gerne auch wieder in den Ohren klingen darf.
Mitte-Grossrat Harry Lütolf, bekannt für seine wortreichen Voten, deren Gehalt bisweilen nicht mit dem Umfang der Redezeit mithalten kann, redete sich diese Woche wieder einmal in Rage. Bei dem ohnehin schon per se sehr technischen Geschäft betreffend Einführung einer Obergrenze bei vertraglichen Grundpfandrechten erläuterte er in einem länglichen Votum mit nicht weniger als 12 Punkten, weshalb er gegen eine solche Obergrenze sei. Die SVP-Vertreter Manuel Kaspar und Daniel Urech reagierten mit Spott. Kunst der Politik sei es, wenn man komplexe Geschäfte auch seiner Grossmutter erklären könne. Bei Harrys 12 Punkten wäre seine Grossmutter aber schon spätestens bei Punkt 3 eingeschlafen, so Kaspar. Und Urech setzte noch einen drauf. Es sei wie üblich bei Harry Lütolf, er fülle eine Waschmaschine mit weisser und farbiger Wäsche und spüle das Ganze dann 24 Stunden mit 90 Grad. Damit schloss sich der Kreis der bild- und symbolhaften Sprache seitens SVP-Fraktion (vgl. 3. Abschnitt oben). Klarer Punktesieger: Daniel Urech. Der Termin für die Übergabe des himbeerfarbenen Saalmikrofons als 1. Preis ist noch nicht bekannt. Ratsflüsterer