Mit liberaler Überzeugung in die letzten Monate der Legislatur
Erholt und mit frischer Energie startete der Grosse Rat diese Woche in die letzten Monate der laufenden Legislatur.
Die Sommerpause des Aargauer Politbetriebs war vergleichsweise ruhig. Nur die unklare Situation rund um das Spital Zofingen bewegte die Politlandschaft, vor allem aber unsere Kolleginnen und Kollegen aus der Region Zofingen. Das Beispiel zeigt, welchen Schaden fehlende Kommunikation anrichten kann. Die Mitarbeitenden, die Bevölkerung und die Politik sind verunsichert! Insbesondere letztere neigen in solchen Situationen zur Überreaktion, was häufig nicht im Sinne der Betroffenen ist. Bleibt zu hoffen, dass hinter den Kulissen die richtigen Gespräche geführt werden, um rasch Klarheit zu schaffen. Unnötige Vorstösse im Kantonsparlament helfen dabei niemandem.
Die FDP-Fraktion hat die Verschnaufpause produktiv genutzt und traf sich zu einem Fraktionsworkshop. Neben inhaltlichen Diskussionen zur Bildung haben wir uns auch damit auseinandergesetzt, was wir künftig besser, anders oder nicht mehr machen möchten. Sie dürfen gespannt sein. Nach getaner Arbeit zeigten uns die Winzer der Nauer Weine in Bremgarten die Parallelen des Weinbaus und der Politik auf.
Im Zentrum der Politik und der Weinproduktion stehen langfristiges Planen und Handeln: In der Politik erfordert die Umsetzung von Gesetzen und Strategien oft Jahre, bis sie ihre volle Wirkung entfalten. In der Weinproduktion dauert es Jahre, bis ein Weinberg Trauben von hoher Qualität produziert oder der Ausbau des Weines abgeschlossen ist. In beiden Gebieten spielt zudem Ausgewogenheit eine grosse Rolle: Zur Verhinderung oder ausnahmsweise auch Schaffung von erfolgreichen Gesetzen und Regelungen sind Kompromisse und das Finden einer Balance zwischen verschiedenen Interessen unerlässlich. In der Weinproduktion ist das Balancieren von Säure, Süsse, Tanninen und anderen Faktoren entscheidend für die Herstellung eines ausgewogenen Weins.
Beschwingt durch diese Ausführungen, setzen wir zum Legislatur-Endspurt an, geeint in der Bestrebung die liberalen Werte bis zum Schluss hochzuhalten.
Neue Unterbringungsform für unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA)
Die weiterhin angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt und der Fachkräftemangel zwingt den Kanton neue, innovative Lösungen bei der Unterbringung und Betreuung von minderjährigen Asylsuchenden zu finden. Neu werden die UMA in kleineren Wohngruppen von externen Anbietern betreut. Der Grosse Rat hat einen entsprechen Verpflichtungskredit gutgeheissen. Bei diesem Ansatz ist der Betreuungsschlüssel wesentlich tiefer, als in den bisherigen, grossen UMA-Unterkünften. Das Konzept setzt auf Selbstständigkeit und Selbstverantwortung bei den minderjährigen Jugendlichen. Gute Deutschkenntnisse und Wohnkompetenzen sind die Voraussetzung für die begehrten Plätze. Für uns Freisinnigen sind damit die richtigen Anreize gesetzt.
Auch wenn mit diesem neuen Wohn- und Betreuungssystem eine kurzfristige Entlastung der bestehenden Asyl-Strukturen geschaffen werden kann – die Situation im Asylwesen des Kantons insgesamt beurteilen wir als sehr kritisch. Die bisherigen Unterkünfte sind maximal verdichtet, von zehn unterirdischen Anlagen sind sechs, bald sieben in Betrieb, eine Unterkunft muss als eiserne Reserve zurückbehalten werden.
Verfahren müssen endlich beschleunigt werden
Wir nähern uns sehr rasch einer Situation, in welcher keine Plätze mehr vorhanden sein werden. Die Aufnahmekapazitäten des Kanton Aargaus sind erschöpft – es braucht jetzt dringend Lösungen auf Stufe Bund. Die FDP fordert schon länger, dass die Asylgesetzgebung konsequent vollzogen und die Verfahren beschleunigt werden müssen. Renitente Asylsuchende müssen in ein Bundeszentrum zurückgeführt werden können, abgewiesene Asylsuchende zeitnah ausgeschafft werden. Nur so kann die Akzeptanz in der Bevölkerung erhalten bleiben.
Keine Prepaidkarte als Zahlungsmittel für Asylbewerber
Grosser Rat lehnt Vorstoss für Bezahlkarte knapp ab
Eine Motion zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber und vorläufig Aufgenommene im Kanton Aargau wurde an der letzten Sitzung des Grossen Rates knapp abgelehnt. Der Vorstoss zielte darauf ab, die bisherigen Barauszahlungen an Asylsuchende durch ein Prepaidkartensystem zu ersetzen, um den Missbrauch von Sozialleistungen zu verhindern. Mit der Bezahlkarte hätte sichergestellt werden sollen, dass die finanzielle Unterstützung nur für spezifische Ausgaben innerhalb der Schweiz genutzt wird und nicht ins Ausland abfliesst oder für illegale Aktivitäten verwendet wird.
Zusätzlich zur Verhinderung von Missbrauch spricht auch der positive Einfluss der Bezahlkarte auf die Integration der Asylsuchenden für den Systemwechsel. In Deutschland zeigte sich, dass die Einführung einer solchen Karte den Anreiz für Wirtschaftsflüchtlinge, die das System ausnutzen, stark reduzierte. Viele dieser Personen reisten aus, als sie merkten, dass sie das Geld nicht mehr frei verwenden konnten. Gleichzeitig erhöhte die Bezahlkarte den Anreiz für Asylsuchende, die wirklich Schutz suchen, eine Arbeitsstelle zu finden und sich besser in die Gesellschaft zu integrieren. Die Karte hätte somit nicht nur den Missbrauch erschwert, sondern auch die Integration derjenigen gefördert, die tatsächlich Unterstützung benötigen.
Positive Erfahrungen im Ausland ignoriert
Trotz dieser positiven Erfahrungen in Deutschland und anderen Ländern wurde der Vorstoss im Grossen Rat knapp abgelehnt. Die linke Seite argumentierte, dass die Einführung der Bezahlkarte die persönliche Freiheit der Asylsuchenden einschränken und diskriminierend sein könnte. Dieses Argument ist jedoch absurd, da es sich bei den Unterstützungsleistungen um Steuergelder handelt, die einem klaren Zweck dienen sollen. Es geht nicht darum, den Asylsuchenden das Geld für beliebige Ausgaben zu geben, sondern sicherzustellen, dass diese Gelder tatsächlich für notwendige Ausgaben verwendet werden. Die Bezahlkarte hätte genau dies ermöglicht und gleichzeitig das Vertrauen in unser Asylsystem gestärkt.
Die Mitte- sowie die SP-Fraktion haben eine Motion eingereicht zur Einführung einer kantonalen Gast-Taxe. Wie in vielen klassischen Tourismusregionen sollte eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit künftig bei Übernachtungen im Kanton eine Taxe erhoben und diese wiederum für die Tourismusförderung eingesetzt werden kann. Der Regierungsrat hat die Motion entgegengenommen, die FDP-Fraktion war wenig begeistert.
Die Übernachtungszahlen im Kanton Aargau haben in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen und 2024 einen neuen Höhepunkt mit über 800‘000 Übernachtungen erreicht. Die FDP freut sich über den Erfolg der Aargauer Hotellerie, stellt sich dennoch gegen die Gast-Taxe, dies aus drei Gründen:
Im Gegensatz zu reinen Tourismus-Kantonen mit vielen Zweitwohnungen und einer ausgeprägten Tourismus-Industrie, ist der Aargau nur sekundär ein Tourismus-Kanton. Wir haben eine hohe ständige Wohnbevölkerung und die Übernachtungen kommen auch aus dem gewerblichen Bereich, d.h. von Geschäftsreisenden.
Die Gemeinden sind heute schon frei, eine lokale Kurtaxe einzuführen, Beispiele dafür sind die Stadt Rheinfelden oder Bad Zurzach. Es braucht keine kantonale Regelung
Eine Gast-Taxe widerspricht dem liberalen Gedankengut. Die FDP ist gegen mehr Bürokratie und zusätzliche Gebühren. Wahrscheinlich würde es nach der Einführung der Gast-Taxe auf kantonaler Ebene zusätzliche Stellen brauchen, welche den Fonds verwalten, und bei den Betrieben fielen zusätzliche Abrechnungen an.
Die Übernachtungszahlen im Aargau nehmen zu, auch ohne eine taxenbasierte Standortförderung. Zum Glück sahen das 67 Mitglieder des Grossen Rates ebenfalls so (64 Gegenstimmen) und lehnten die Gast-Taxe damit mehrheitlich ab.
Parlamentarische Initiative "Notstandsrecht" wird weiterbearbeitet
Zurückgehend auf die Motion 20.100 der FDP-Fraktion (Sprecher Herbert H. Scholl, Zofingen) vom 12. Mai 2020 betreffend Revision des kantonalen Notrechts hat die Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen (KAPF) unter Führung der FDP eine Parlamentarische Initiative (Pa.Iv.) ausgearbeitet, die im Grossen Rat mit 113 zu 13 Stimmen vorläufig unterstützt worden ist.
Mit der parlamentarischen Initiative können dem Grossen Rat ausformulierte Gesetzestexte zum Beschluss eingereicht werden. Die von der KAPF vorgelegte parlamentarische Initiative zielt darauf ab, die Mitsprache- und Informationsrechte des Grossen Rats in Notstandslagen zu stärken. Dazu hat die KAPF Textänderungen an der Kantonsverfassung, dem Geschäftsverkehrsgesetz und dem Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen vorgeschlagen: Der Regierungsrat soll neu seine Sonderverordnungen, die er in Notstandslagen erlassen muss, dem Grossen Rat unverzüglich zur nachträglichen Genehmigung vorlegen müssen. Damit erhält der Grosse Rat für diese Verordnungen ein «Verordnungsveto» - das ist eine wesentliche Neuerung. Zudem soll der Regierungsrat in Notstandslagen durch eine Kommission des Grossen Rats begleitet werden. Die Art der Notstandslage ist unbestimmt, auch wenn die Corona-Lage Anstoss dazu gab.
Deutliche Mehrheit des Grossen Rats möchte Anpassung
Der Pa.Iv. wurde mit dem grossen Mehr von 113 zu 13 Stimmen zugestimmt. Das ist nicht als Misstrauensvotum gegenüber dem Regierungsrat zu verstehen, sondern als Forderung nach einem gemeinsamen Miteinander von Grossem Rat und Regierungsrat auch in Notstandslagen. Die 13 Gegenstimmen kamen übrigens im Wesentlichen aus der GLP, die keinen Handlungsbedarf sah. In der KAPF stand sie noch hinter der Pa.Iv.
Das Geschäft geht nun in die Kommissionsberatung – in der Hoffnung, dass die neuen Bestimmungen nie angewendet werden müssen, nach dem Motto: "Gouverner c'est prévoir".
Fragen zum weiteren Vorgehen der Ablehnung des Axpo-Vertrages in Schaffhausen Interpellation der FDP-Fraktion (Sprecher Dr. Lukas Pfisterer)
Die FDP-Fraktion ist der Meinung, dass vorab die Strategie für die Axpo festgelegt werden muss, mit dem Ziel der langfristigen Wahrung der Stromversorgungssicherheit. Daraus sind dann Vorgaben für das neue Vertragswerk abzuleiten. Die Fraktion befragt den Regierungsrat daher, wie er im neuen Axpo-Vertragsentwurf die Stromversorgungssicherheit für den Aargau absichern will. Besorgniserregende Ergebnisse der PISA-Studie: Wie ist die Situation im Aargau? Interpellationder FDP-Fraktion (Sprecher Dr. Titus Meier)
Die im letzten Jahr veröffentlichten Resultate der jüngsten PISA-Studie ergaben, dass rund 19 Prozent der 15-jährigen Jugendlichen in der Schweiz die von der OECD beschriebenen Mindestanforderungen an eine mathematische Grundbildung nicht erreichen. Im Bereich Lesen sind es gar 25 Prozent der 15-Jährigen, die als leistungsschwach gelten, weil sie die geforderten Mindestanforderungen nicht erfüllen. Obwohl die durchschnittlichen Werte der Schweiz nicht schlecht sind, stimmen die Resultate doch nachdenklich. Mit einer Fraktionsinterpellation wollen wir genauer wissen, wie es um die Leistungsentwicklung in der Aargauer Volksschule steht.
Ratsgeflüster Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
Grossratspräsidentin Mirjam Kosch blickte zu Sitzungsbeginn zurück auf das Parlamentarier-Fussballturnier, das am Samstag in Baden stattgefunden hatte und dankte OK-Präsidentin Jeanine Glarner für die grosse Arbeit. Ebenfalls dankte sie dem Captain des FC Grossrat, Jonas Fricker, dass er gleich zwei Mannschaften aus dem Aargau auf die Beine gestellt hatte. Eine dieser beiden Mannschaften habe das Turnier "total dominiert" (Zitat Fricker), landete aber aufgrund "fehlender Tor-Effizienz" (Zitat Glarner) statt auf Platz 1 dann auf Rang 5. Die Sache mit dem Dominieren ist möglicherweise auch eine etwas subjektive Wahrnehmung von Fricker, dessen Grüne Partei im Aargau bei der Wählerstärke ebenfalls Nummer 5 ist und sich bisweilen aufspielt als seien sie der Nabel des Kantons. So oder so: Als Achtungserfolg angesichts des grossen Teilnehmerfeldes darf man die Rangierung des FC Grossrat auf jeden Fall sehen. Und als Gastgeberkanton hat der Aargau so oder so wieder einmal kräftig gepunktet.
Dem Jass-Sport widmeten sich zahlreiche aktive und ehemalige Grossräte sowie Mitarbeitende von Staatskanzlei und Parlamentsdienst im Anschluss an die Dienstagssitzung beim Jassturnier des Grossen Rates im Ratskeller. Gejasst wurde jeweils in Zweierteams, wobei die Mitglieder nicht der gleichen Fraktion oder Organisationseinheit angehören durften. Alt Grossrat Hans-Ruedi Hottiger (parteilos, ehem. Mitglied der Mitte-Fraktion) und Grossrat Tobias Hottiger (FDP) erfüllten dieses Kriterium. Dass sie Vater und Sohn sind, war seitens Turnier-OK unter der Leitung von Grossratspräsidentin Mirjam Kosch offensichtlich kein No-Go für die Teambildung. Und prompt stach der Familien-Trumpf: Team Hottiger räumte ab und gewann das Jass-Turnier.
Ein SVP-Vorstoss mit Sprecher Mario Gratwohl über die Einführung einer Prepaid-Zahlkarte für Asylbewerber sorgte in der ersten Grossratssitzung nach der Sommerpause für hitzige Diskussionen. Die Gegner der linken Ratshälfte bekämpften den Vorstoss in der Überzeugung, dass dies nicht anwendbar sei und zudem die Einkaufsmöglichkeiten der Asylbewerber mit ohnehin schmalem Budget unnötig einschränke. Die Befürworter sahen die Vorteile in einer einfachen und zeitgemässen Abwicklung. FDP-Fraktionspräsident Silvan Hilfiker wähnte sich aufgrund der Voten der Karten-Gegner in einer Zeitreise in die Ära der rein analogen Bezahlform. Als Rechnungsführer habe er in seiner Militärzeit unzählige Soldsäcklein abgefüllt, dies sei aber heute definitiv nicht mehr state of the art, wolle man als Kanton mit Schwerpunkt Digitalisierung glaubwürdig bleiben. Dieser Haltung folgten die geschlossenen Fraktionen von FDP und SVP. Alle übrigen Fraktionen fühlen sich offensichtlich wohl in der Vergangenheit der Bezahlsysteme und lehnten ab, so dass die Motion hauchdünn mit 68 zu 69 Stimmen scheiterte.
Nach längerer Wartezeit hat der Regierungsrat Ende 2023 einen im Jahr 2020 von der FDP-Fraktion mit dem damaligen Sprecher Herbert H. Scholl geforderten Bericht zu Zuständigkeiten und Kompetenzen von Regierungsrat Rat und Parlament in Notstandssituationen vorgelegt. Der Regierungsrat sah keinen Handlungsbedarf für eine Anpassung. Anders beurteilte dies die Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen (KAPF), die im Frühling eine Subkommission unter der Leitung von FDP-Grossrat Lukas Pfisterer mit der Erarbeitung einer Parlamentarischen Initiative beauftragte. Subkommission und KAPF waren sich rasch einig. Bereits im Mai stand der Text für die Pa.Iv. und wurde in der Kommission einstimmig verabschiedet. Soweit alles auf Kurs? Fast. In der Ratsdebatte sprach sich zur Überraschung aller die GLP mit Sprecher Matthias Betsche plötzlich gegen die Initiative aus. Politischer Schlingerkurs oder einfach Effekthascherei der GLP? Man weiss es nicht. Und es spielt letztlich auch keine Rolle. Die Pa.Iv. wurde mit einer überwältigenden Mehrheit überwiesen.
Lelia Hunziker (SP) und Adrian Schoop (FDP) sind eine Art "beste Feinde", wenn es um Migrations- und Asyldebatten im Grossen Rat geht. Jüngstes Bespiel für gezielte verbale Spitzen war am Dienstag der Disput um ein Postulat von Schoop, der Fussfesseln mit Peilsender für straffällige Asylbewerber forderte. Hunziker zeigt sich ob dieser Forderung "not amused" und adressierte in Richtung des Postulanten, der Versuch sei ja nett, aber bei diesen "Fesselspielen" mit ihm mache sie nicht mit. Das Gelächter hatte die SP-Frau auf ihrer Seite, der FDP-Mann dafür die Mehrheit der Stimmen – das Postulat wurde an den Regierungsrat überwiesen. Ratsflüsterer
Strom zu jeder Zeit am richtigen Ort als zunehmende Herausforderung
Besuch der FDP Seniorinnen und Senioren bei Swissgrid in Aarau
Die FDP Seniorinnen und Senioren bekamen am Sitz der Swissgrid, der nationalen Netzgesellschaft in Aarau, Einblicke wie eine sehr wichtige Infrastruktur funktioniert.
Die Swissgrid AG verantwortet als Eigentümerin die Planung, den Bau und Unterhalt des 6'700 Kilometer langen Schweizer Höchstspannungsnetzes. Sie produziert keinen Strom, transportiert aber die Energie von den Kraftwerken in die regionalen und lokalen Verteilnetze und regelt den Stromverkehr mit dem europäischen Umfeld, der für die Versorgungssicherheit wichtig ist. Die Schweiz spielt dabei als zentrale Stromdrehscheibe eine bedeutende Rolle.
Weil die Swissgrid zu den sensiblen Infrastrukturunternehmen des Landes gehört, hat Sicherheit höchste Priorität. Das bekamen auch die FDP Seniorinnen und Senioren zu spüren: Sie mussten sich für den Besuch mit ihrer ID- oder Passnummer anmelden und wurden von Security-Personal empfangen. Die Netzleitstelle im generösen Neubau an der Bleichermattstrasse in Aarau gleicht zwar keiner Festung, doch der Blick in den Kommandoraum, wo rund um die Uhr die Energieflüsse und die Netzstabilität gesteuert werden, war nur durch Panzerglas möglich.
Strom kennt keine Landesgrenzen
Vor der Besichtigung der Steuerungszentrale wurden die 50 Teilnehmenden über das Unternehmen, das 600 Personen beschäftigt, sowie dessen Aufgaben und Herausforderungen informiert. Die Wartung und Modernisierung der 380/220 Kilovolt-Netze mit 12'000 Strommasten, 147 Schaltanlagen und 21 Trafostationen ist Das eine grosse Aufgabenfeld, das andere ist der Strom-Transit samt Steuerung der Stromimporte und -exporte über 41 Verbindungen der Schweiz mit dem Ausland.
Stromerzeugung und -verbrauch müssen allzeit in der Balance gehalten werden, sonst drohen Netzzusammenbrüche. "Wir registrieren, wenn zum Beispiel in Portugal ein Problem auftritt, und gleichen die Auswirkungen aus", erklärte Swissgrid-Teamleiter Roger Wiget. Das gelinge umso besser, je grösser das Ausgleichsgebiet sei. Deshalb sei die technische Kooperation mit den ausländischen Partnern unverzichtbar. Damit die Schweiz aber nicht nur nachvollziehen, sondern mitreden könne, brauche es ein Stromabkommen mit der EU.
Ein sehr herausforderndes Metier
Hellhörig machten Aussagen zur künftigen Entwicklung. Die Deckung des steigenden Strombedarfs hängt vom inländischen Zubau und dem weiteren Bezug französischer Kernenergie ab. Bis 2030 ist der Zubau von 2 Terrawattstunden erneuerbarer Energien vorgesehen, vor allem durch alpine Solaranlagen, die das Parlament mit einer Hauruckübung beschloss. Die Leitungen dafür sind aber nicht vorhanden. Baubewilligungs- und Beschwerdeverfahren dafür dauern momentan acht bis zwölf Jahre. Besteht das Risiko, dass Projekte ohne Stromabfuhr fertig sind?
Zusätzliche zwei Terrawattstunden Strom sollen bis 2040 aus Speicherseen bezogen werden. Konkret ins Auge gefasste Projekte werden bereits angefochten. Die Energiewende ist für Swissgrid auch deswegen eine Herausforderung, weil der Trend von Grosskraftwerken zu kleinen Photovoltaik- und Windkraftanlagen eine neue Leitungsstruktur erfordert. Das scheinen viele Energieoptimisten und -illusionisten übersehen zu haben.
Die FDP Seniorinnen und Senioren waren ihrem Mitglied Walter Nef dankbar, dass er ihnen dank den Beziehungen aus seiner früheren Tätigkeit als KKW-Beznau-Direktor den interessanten Besuch bei Swissgrid vermittelte. Der nächste Anlass der Senioren-Vereinigung findet am 13. November im Gasthof Schützen in Aarau statt.