Am letzten Dienstag fand die letzte Ratssitzung vor der Sommerpause statt. Im Anschluss an die Sitzung war der Rat an einen Apéro vor dem Ratsgebäude eingeladen. Allerdings erinnerte wenig an einen sommerlichen Apéro, da es sehr kühl war und der Wind zu einem natürlichen Ende dieser Veranstaltung führte.
Die Traktanden gaben an dieser letzten Sitzung aus einer Debattieroptik nicht viel her und so spürte ich in der Fraktionssitzung wie auch in der anschliessenden Ratssitzung, dass die Luft da und dort etwas raus war. Das galt auch für mich.
Ende August ist der Rat zurück. Dann wird wohl schon der bevorstehende Wahlkampf dominieren, dessen Vorbereitungen bereits auf Hochtouren laufen. Bleibt zu hoffen, dass nicht allzu viele Wahlkampf-Versprechen gemacht werden, die wir dann in der Folge mühsam abarbeiten müssen.
Die letzte Sitzung vor der Sommerpause – oder anders gesagt vor der unterrichtsfreien Zeit an den Aargauer Schulen – nutzten wir, um noch ein paar Pflöcke in der Bildungspolitik einzuschlagen. Die FDP Schweiz hat kürzlich ein Positionspapier zur Bildungspolitik mit 17 Handlungsfeldern für eine chancengerechte und zukunftsorientierte Bildung unserer Kinder verabschiedet.
Wir haben nun, darauf aufbauend, im Aargau erste Forderungen beim Regierungsrat platziert. So knüpfen wir beispielsweise an eine schon lange gestellte Forderung an, die integrative Schulung zu optimieren. Die integrative Schulung hat ihre Ziele nicht erreicht und wir fordern nun die flächendeckende Führung von Förderklassen (Link zum Vorstoss). Zusätzlich verlangen wir, frühe Fremdsprachen zu reduzieren und stattdessen die Kompetenzen in Deutsch zu verbessern. An den Sprachzielen, die nach der obligatorischen Schule erreicht werden sollten, wollen wir nicht rütteln. Wir finden aber, dass der Fokus anders gesetzt werden muss. Die letzte Konsequenz wäre die Abschaffung von Frühfranzösisch und Frühenglisch. Die FDP-Fraktion will dies vorerst aber noch nicht. Stattdessen soll dies nur noch denjenigen ermöglicht werden, welche die Erstsprache beherrschen (Link zum Vorstoss). Auf die Reaktion des abtretenden Bildungsdirektors Alex Hürzeler bin ich schon jetzt gespannt.
Ich schaue auf ein intensives Politsemester zurück und bin stolz auf die Aktivitäten der FDP-Fraktion. Wir konnten im ersten Halbjahr wichtige Akzente setzen und werden dies nach geladenen Batterien im August fortsetzen. Ich freue mich darauf.
Ich wünsche allen einen schönen Sommer!
Einladung zur FDP-Unternehmertagung 2024 Samstag, 31. August 2024, 09:30 – 11:30 Uhr mit anschliessendem Apéro riche
in den Räumlichkeiten der Schoop Gruppe, Im Grund 15, Baden-Dättwil
Kredit für Erweiterung von Bäckerei, Joghurterie und Verkaufsladen wird an den Regierungsrat zurückgewiesen
Die Regierung unterstützt den Rückweisungsantrag der Kommission Allgemeine Verwaltung (AVW) zum Verpflichtungskredit und beabsichtigt, das vorgelegte Projekt zu überarbeiten und erneut einzureichen. Das Projekt betrifft die geplante Erweiterung und Modernisierung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Lenzburg. Ursprünglich wurde ein Projektierungskredit von knapp 5 Millionen Franken bewilligt, der sich im Verlauf der Planungsarbeiten auf über 9 Millionen Franken erhöhte. Die veranschlagten Kosten für das endgültige Bauprojekt belaufen sich nun auf 11,82 Millionen Franken.
Während der Überarbeitungsphase soll das Projekt hinsichtlich seiner Kostenstruktur und Umsetzungsmöglichkeiten nochmals detailliert geprüft werden. Besonders wichtig ist der Regierung, dass die neuen Pläne sowohl wirtschaftlich als auch funktional optimiert werden. Hierbei steht die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere im Bereich der Lebensmittelproduktion, im Vordergrund. Die bisherigen Produktionsstätten der Joghurterie und Bäckerei entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen und weisen erheblichen Sanierungsbedarf auf.
Der Rückweisungsantrag gibt der Regierung die Gelegenheit, das Projekt umfassend zu überarbeiten und sicherzustellen, dass alle notwendigen Verbesserungen und Anpassungen vorgenommen werden, um die langfristige Wirtschaftlichkeit und Funktionalität der JVA Lenzburg zu gewährleisten. Wir dürfen auf das überarbeitete Projekt gespannt sein.
Brandschutz und Statik werden nach über 50 Jahren angepasst
Das Telli-Hochhaus in Aarau, erbaut 1972, benötigt nach über 50 Jahren ohne umfassende Sanierung dringende Modernisierungen. Geplant ist eine Anpassung an aktuelle Brandschutz- und Statiknormen, um die Sicherheit der Gebäudeinfrastruktur zu gewährleisten. Ein vom Regierungsrat beantragter Verpflichtungskredit in Höhe von 4,33 Millionen Franken soll die erforderlichen Massnahmen finanzieren.
Die Brandschutzvorschriften und statischen Anforderungen haben sich in den letzten Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt. Eine aktuelle Risikobeurteilung zeigt, dass das Potenzial besteht, durch verhältnismässigen Aufwand die Sicherheit des Gebäudes deutlich zu verbessern. Der Fokus liegt auf der Verhinderung der Rauchausbreitung und der Stabilität des Tragwerks bei intensiver Hitzeeinwirkung, was den Personen- und Objektschutz während Evakuationen und Rettungseinsätzen erhöht.
Zur Umsetzung der Massnahmen wird eine temporäre Auslagerung der betroffenen Abteilungen des Departements Finanzen und Ressourcen notwendig. Diese sollen im Winter 2025/26 ins Homeoffice oder an alternative Standorte wechseln, wodurch die Bauzeit auf vier Monate reduziert werden kann.
Zeitgemässe Sicherheitsstandards für zentrales Verwaltungsgebäude
Das Telli-Hochhaus ist ein zentrales Verwaltungsgebäude, das nach wie vor funktionierende Sicherheitsstandards bieten muss, insbesondere bis zu einem möglichen Umzug des Departements in den nächsten 10 bis 15 Jahren. Neben der Personensicherheit hat die Betriebssicherheit höchste Priorität. Trotz regelmässiger Unterhaltsmassnahmen zeigen sich altersbedingte Abnutzungserscheinungen, da eine Gesamtsanierung bislang ausblieb.
Die beantragten Massnahmen umfassen daher neben der Verbesserung der Brandschutz- und Statiksicherheit auch notwendige Anpassungen in der Haustechnik. Ziel ist es, die Betriebssicherheit zu gewährleisten und den laufenden Betrieb bis zum Umzug zuverlässig aufrechtzuerhalten. In der mittelfristigen Immobilienstrategie des Kantons wird ein möglicher Auszug in ein neues Verwaltungsgebäude auf dem Areal Torfeld Nord für 2033 angestrebt.
Gefahr aus dem Netz: Die bedrohliche Zunahme von Cyberattacken
Die Regierung will die kantonale Verwaltung mit technischen und organisatorischen Massnahmen besser gegen Cyberattacken schützen. Die FDP-Fraktion hat geschlossen für den entsprechenden Kredit gestimmt. Der Aargau muss punkto Informationssicherheit noch einiges aufholen.
2023 ist mit Xplain ein IT-Lieferant der kantonalen Verwaltung Opfer eines Hackerangriffs und einer Lösegeldforderung geworden. Der Fall zeigt exemplarisch, dass solche Cyberattacken in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Nun hat der Grosse Rat einen Verpflichtungskredit bewilligt, mit dem technische und organisatorische Massnahmen zur Verbesserung der IT-Sicherheit und eine personelle Aufstockung von Informatik Aargau finanziert werden sollen.
Die Investitionen sind mit einmalig 6,6 Millionen Franken und jährlich wiederkehrend 3,6 Millionen Franken immer noch "substanziell", wie der Regierungsrat schreibt (sein Kreditantrag unterlag jenem der vorberatenden Kommission mit leicht tieferen Beträgen). Aber sie lohnen sich, denn Daten sind die Edelmetalle der Zukunft. Und der Anteil der Kosten für die Informationssicherheit am gesamten IT-Aufwand der Verwaltung ist mit knapp 3 Prozent unterdurchschnittlich. Auch mit den beschlossenen Massnahmen wird er nur gut 8 Prozent erreichen; der Benchmark in der Privatwirtschaft liegt bei 10 bis 15 Prozent.
Ein Teilprojekt ist Zero Trust ("kein Vertrauen auf Vorrat"), ein modernes Sicherheitskonzept mit ständiger Netzwerküberprüfung und umfassender Datenkontrolle. Dieses dürfte bald zum Standard bei den Sicherheitsarchitekturen werden. Seine Implementierung erfordert Technologien und Prozesse, aber auch personelles Know-how. Die Schulung von Mitarbeitenden ist deshalb das A und O. Die von der Regierung angestrebten Zertifizierungen sind aus unserer Sicht zweitrangig.
8,5 neue Vollzeitstellen sollen geschaffen werden. Die Rekrutierung dürfte sich schwierig gestalten. Wir begrüssen deshalb den Beizug externer Dienstleister, um das verstärkte Abwehrdispositiv möglichst rasch hochzufahren. Dieses soll mit höchster Priorität Personendaten schützen. Nicht vergessen werden dürfen die Daten juristischer Personen, die – je nach Schutzbedarf – ebenfalls vom Massnahmenpaket für mehr Informationssicherheit profitieren sollen.
Details dazu hat der Regierungsrat aus Sicherheitsgründen nur der grossrätlichen Fachkommission bekanntgegeben. Das ist verständlich; wir wünschen aber trotzdem, möglichst transparent auf dem Laufenden gehalten zu werden. Dazu gehört auch, Synergien mit anderen Kantonen abzuklären.
Aktuelle Vorstösse aus der FDP-Fraktion
Flächendeckende Einführung von Förderklassen im Kanton Aargau Motion der FDP-Fraktion (Sprecherin Sabina Freiermuth)
Der Regierungsrat soll beauftragt werden, dem Grossen Rat die notwendigen gesetzlichen Anpassungen zu unterbreiten, damit der heilpädagogische Unterricht und andere Unterstützungsmassnahmen nicht mehr in den Regelklassen stattfinden. Die Integrative Schulungsform (ISF) hat ihre Ziele verfehlt. Die FDP verlangt eine Anpassung des Systems zur zielgerichteten Förderung der Schülerinnen und Schüler und zur Entlastung von Lehrpersonen und Heilpädagoginnen und Heilpädagogen.
Reduktion der frühen Fremdsprachen zugunsten der Kompetenzen in Deutsch Motionder FDP-Fraktion (Sprecher Dr. Titus Meier)
Nur Kinder, die über ausreichende Kompetenzen in Deutsch verfügen, sollen in der Primarschule frühen Fremdsprachenunterricht besuchen und die anderen Kinder zusätzlichen Deutschunterricht erhalten. Die Anpassungen sind wichtig, um den zunehmend ungenügenden Deutschkenntnissen der Schülerinnen und Schülern beim Verlassen der Volksschule entgegenzuwirken. Das Erlernen von Deutsch muss in der Primarschule Priorität haben.
Steuerabzug für Auszubildende Motionvon Grossrat Silvan Hilfiker
Mit der Motion wird der Regierungsrat aufgefordert, dem Grossen Rat eine Anpassung des Steuergesetzes vorzulegen, damit Unternehmen und Selbständige, welche Personen (z.B. Lernende, Praktikantinnen) ausbilden, analog dem Forschungs- und Entwicklungsaufwand, gesamthaft 150 Prozent des Aufwands erfolgswirksam berücksichtigen können. Der Fachkräftemangel stellt eine Herausforderung für die Wirtschaft dar. Eine gezielte Förderung der Ausbildung trägt dazu bei, dieses Defizit zu reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern. Lockerung der Zulassungsbestimmungen für Ärzte/innen und Fachärzte/innen Motionvon Grossrat Dr. Bernhard Scholl und Grossrätin Sabina Freiermuth
Die Motionäre fordern den Regierungsrat auf, die aktuell auf Bundesebene diskutierte Lockerung der Zulassungsbestimmungen für Ärztinnen und Ärzte sowie Fachärztinnen und Fachärzte im Kanton Aargau ohne Zeitverzug umzusetzen, sobald das Bundesrecht dies möglich macht. Damit soll der Mangel an Leistungserbringern im Gesundheitswesen rasch und effizient angegangen werden.
Gewässerräume bei eingedolten Bächen Motionvon Grossrätin Jeanine Glarner und Grossrat Dr. Tobias Hottiger Die Motion verlangt, auf die Festlegung von Gewässerräumen bei eingedolten Bächen zu verzichten. Bei der Umsetzung in den Gemeinden zeigt sich, dass diese "Aargauer Eigenart" einerseits zu hohen Planungskosten führt und andererseits keinerlei Mehrwert bringt. Im Falle einer Renaturierung des Bachs wird ein natürlicher Bachlauf gesucht, also macht eine grundeigentümerverbindliche Festlegung des Gewässerraums des eingedolten Bachs keinen Sinn.
Aussagekräftige und vergleichbare Sprachkompetenzniveaus an Aargauer Schulen Interpellationder FDP-Fraktion (Sprecher Dr. Titus Meier)
Die Aussagekraft über die tatsächlich vorhandenen Fähigkeiten und Kompetenzen werden im Schulbetrieb zunehmend in Frage gestellt, trotz der Notengebung. Die FDP-Fraktion stellt dem Regierungsrat hierzu verschiedene Fragen wie die Vergleichbarkeit des Niveaus bei den Sprachkenntnissen der Schülerinnen und Schüler gewährleistet wird und welche Sprachziele am Ende der einzelnen Schulstufen/typen gelten.
Ratsgeflüster Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
Dass auch dem Grossen Rat eine Sommerpause gut tut, zeige sich an der Dienstagssitzung deutlich. Die Vormittagsdebatte schleppte sich zähflüssig dahin. Die vom Regierungsrat kampflos akzeptierte Rückweisung der Kreditvorlage zur Justizvollzugsanstalt und die zweite Beratung des sehr technischen Beurkundungs- und Beglaubigungsgesetzes trugen nicht dazu bei, dass es lebhafter wurde. Auch nicht die länglichen und berüchtigten Voten von Harry Lütolf (Mitte) zu eben jenem Beurkundungsgesetz. Lütolf wartete kurz vor Abschluss der Beratungen noch mit Grundsatzfragen auf, so dass die Beratung nicht an der Vormittagssitzung abgeschlossen werden konnte. Ausser etwas Kopfschütteln im Halbrund erreichte er damit nichts. Immerhin würdigte Grossratspräsidentin Mirjam Kosch Lütolfs Fähigkeit, durch das In-die-Länge-ziehen der Debatte einen "Cliffhanger" für die Nachmittagsdebatte produziert zu haben. Und entsprechend leitete sie nach der Mittagspause mit einer Reminiszenz an ihre frühere Leidenschaft für TV-Soaps mit den Worten "Was bisher geschah" ein.
Die Mitglieder der Parlamentarischen Gewerbegruppe des Aargauischen Gewerbeverbandes trafen sich zum Mittagessen im Restaurant "Core Mio". AGV-Präsident und Nationalrat Benjamin Giezendanner feuerte bei seiner Begrüssung eine gepfefferte Salve in Richtung derjenigen ab, die an der letzten Grossratssitzung einer Erhöhung der Familienzulagen um 25 Franken (anstelle der vom Regierungsrat beantragten 10 Franken) zugestimmt hatten, namentlich den Grossteil der Mitte-Fraktion. Das sei im höchsten Mass gewerbefeindlich, so Giezendanner an die Adresse von Mitte-Fraktionspräsident Alfons Paul Kaufmann, und wer so leichtfertig mit dem Geld der aargauischen Unternehmen umspringe, könne auch sein Mittagessen selbst bezahlen. Zumindest im Fall von Kaufmann stellte sich diese Frage gar nicht erst, da er nach einer Replik mit seiner Sicht der Dinge die Runde für einen Folgetermin verliess. Die anderen Anwesenden (inklusive Mitte-Vertreter) wurden dann doch wie gewohnt auf Kosten des AGV verköstigt. Einzig für den Kaffee reichte es bei einigen nicht, da dieser – nicht zum ersten Mal – vom Servicepersonal des Core Mio zu spät serviert wurde. Ratsflüsterer