Einen Tag nach der Rückkehr von meiner Afrika-Reise fand die Grossratssitzung statt. Eine Verlängerung wäre verlockend gewesen. Aber nach Reisen in Länder, in denen Demokratie etwas anders interpretiert und die Politik davon dominiert wird, in die eigenen Taschen zu wirtschaften, wird man sich dem Privileg im Parlament mitzuwirken, wieder so richtig bewusst. Meiner Verantwortung als Grossrat wollte ich daher Rechnung tragen und war pünktlich zurück. Natürlich freute ich mich auch darauf, meine Grossratskolleginnen und -kollegen wieder zu treffen. Auch wenn es ein Privileg ist, im Parlament mitzuarbeiten, lösen manche Themen bei mir dann doch ab und zu Kopfschütteln aus. Ich anerkenne selbstverständlich, dass dies meinen politischen Gegnern auch so gehen wird…
Die SP fordert, dass der 1. Mai im Kanton Aargau zu einem Feiertag erklärt wird. Angesichts der Tatsache, dass die vermeintlich friedlichen 1. Mai Kundgebungen leider häufig in Chaos und Beschädigung von Eigentum ausarten, bin ich eher skeptisch. Vielleicht täten wir besser daran, einen Freiheitstag zu fordern, um die Freiheit zu würdigen und daran zu erinnern, dass diese an jeder Parlamentssitzung zusätzlich eingeschränkt wird.
Ein weiteres Beispiel ist die Forderung eines Verbots von Schottergärten im Kanton Aargau von Exponenten der SP, Grünen, GLP, EVP, Mitte und SVP! In Zukunft sollen Schottergärten verboten werden, die keinen ökologischen Nutzen haben. Ich frage mich, wer den ökologischen Nutzen beurteilen soll. Müssen die Gemeinden einen Ökologiebeauftragten oder eine Ökologiebeauftragte anstellen, die dies beurteilen? Und die Regionalpolizeien müssen die Einhaltung überprüfen? Die Beteiligung der Grünliberalen irritiert mich einmal mehr. Das ist weit von einer liberalen Grundeinstellung entfernt. Zum Glück wollte kein Freisinniger bei diesem staatsgläubigen und zahnlosen Papiertiger mitmachen.
Die FDP-Fraktion wird weiter für Freiheit, Verantwortung und Selbstbestimmung einstehen. Und sollten wir mal davon abweichen, werde ich als Fraktionspräsident alles daransetzen, uns zurück zu den liberalen Werten zu führen.
Verkehrte Welt
Adrian Meier, Grossrat, Ressortleiter Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung, Menziken adrian.meier@grossrat.ag.ch
Grosser Rat genehmigt Energiegesetz dank bürgerlicher Mehrheit
Die zweite Beratung des kantonalen Energiegesetzes förderte interessante Resultate zutage. Zum einen wollten die sich grün nennenden Parteien mit ihren ablehnenden Stimmen kein verschärftes Energiegesetz, zum anderen schwenkte die SVP entgegen dem Abstimmungsverhalten in der Erstberatung auf ein Ja um. Schlussendlich stimmte der Grosse Rat mit 101 Ja- zu 30 Nein-Stimmen deutlich für die Anpassung des Energiegesetzes.
Der Regierungsrat legte für die zweite Beratung eine leicht angepasste Version vor und arbeitete die neun Prüfungsanträge ab. Dabei zeigte sich, dass das von der Mitte-Fraktion eingebrachte "Basler Modell" für den Kanton Aargau nicht kompatibel ist. Die in der Erstberatung festgesetzte Sanierungspflicht für zentrale Elektro-Wassererwärmer innerhalb von 15 Jahren konnte die freisinnige Fraktion umformulieren.
Detailbeschlüsse im Sinn der FDP
Neu darf einfach nach Ablauf der Lebensdauer kein neues Gerät eingebaut werden, was einer deutlich liberaleren Lösung entspricht, als wenn fix nach 15 Jahren eine Anlage ausgebaut werden muss. Im Weiteren konnte die FDP-Fraktion die Verpflichtung für die Einrichtung einer Gebäudeautomation bei gross-gewerblichen Liegenschaften im Gegensatz zur Erstberatung nun streichen. Als Wermutstropfen bleiben die verschiedenen neuen Meldepflichten, welche den Bauverwaltungen auf den Gemeinden zusätzliche Bürokratie bringen wird.
Wichtiges Gesetz endlich unter Dach und Fach
In der Schlussabstimmung stimmte die FDP-Fraktion einstimmig für das angepasste Energiegesetz. Damit und mit den Ja-Stimmen von SVP, Mitte und EVP erreichte es eine deutliche Mehrheit, trotz des Widerstands von SP, Grünen und GLP. Das nun verabschiedete Gesetz ist wohl das politisch Machbare und verhindert eine aus freisinniger Sicht deutlich schlechtere "Mitte-Links"-Vorlage. Nach dem Schlussergebnis war das Aufschnaufen bei den Mitgliedern des Grossen Rates aber auch bei unserem Regierungsrat Stephan Attiger fast hörbar. Ein wichtiges Gesetz konnte gegen Ende der laufenden Legislaturperiode nun unter Dach und Fach gebracht werden.
Abstimmungen vom 9. Juni 2024: Parolen FDP.Die Liberalen Aargau
Eidgenössische Vorlagen
1. Volksinitiative vom 23. Januar 2020: "Maximal 10 % des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)" NEIN 2. Volksinitiative vom 10. März 2020 "Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)" NEIN
3. Volksinitiative vom 16. Dezember 2021 "Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit" NEIN
4. Bundesgesetz vom 29. September 2023 über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (Änderung des Energiegesetzes und des Stromversorgungsgesetzes)
NEIN
Kantonale Vorlage
5. Verfassung des Kantons Aargau (Kurztitel und Klimaparagraf); Änderung vom 7. November 2023 JA
Revision des Gesetzes über die Berufs- und Weiterbildung (GWB)
Im Jahr 2016 wurde für die Berufsfachschulen in der beruflichen Grundbildung eine Schwankungsreserve von 10 Prozent der Betriebskosten eingeführt. Damit sollte verhindert werden, dass die Berufsfachschulen überhöhte Gemeindebeiträge verlangten und Kapital anhäuften. Der Grosse Rat hat nun in 1. Beratung diese Reserve auf 30 Prozent erhöht.
Der Grosse Rat hat in einer Revision des Gesetzes über die Berufs- und Weiterbildung (GBW) im Jahr 2016 eine Schwankungsreserve, den sogenannten Rücklagenfonds, von 10 Prozent der Betriebskosten eingeführt. Damit sollte verhindert werden, dass die Berufsfachschulen überhöhte Wohnortsbeiträge erheben und Kapital anhäuften. Seitdem diese Regelung in Kraft ist, hat sich allerdings gezeigt, dass 10 Prozent ein zu tief angesetzter Wert ist. Die Folge sind Liquiditätsengpässe und starke Schwankungen in den jährlich festzulegenden Wohnortsbeiträgen. Der Grosse Rat hat deshalb im Jahr 2021 eine Motion überwiesen, welche eine Erhöhung dieses Rücklagenfonds auf 30 Prozent verlangte.
Mit der Revision des Berufs- und Weiterbildungsgesetzes legte der Regierungsrat nicht nur eine Änderung zum Rücklagenfonds vor, sondern integrierte zwei weitere kleinere Anpassungen: So soll erstens das Pilotprogramm Integrationsvorlehre (INVOL) verstetigt werden. Es schafft ein Brückenangebot für Erwachsene, die wesentliche Teile der obligatorischen Schule nicht in der Schweiz absolviert haben und bereitet diese auf eine berufliche Grundbildung vor. Und zweitens sollen Berufslernende künftig von einer Begabtenförderung profitieren können, was die Berufsbildung insgesamt stärken wird.
20 oder 30 Prozent?
Die Diskussion im Grossen Rat drehte sich einzig um die Höhe des Rücklagenfonds. SVP, GLP und EVP machten sich für 20 Prozent stark, FDP, Mitte, SP und Grüne für 30 Prozent. Warum? Der Schulvorstand einer Berufsfachschule macht jeweils im Herbst das Budget für das nächste Schuljahr. Dies macht er anhand der gemeldeten Lehrverhältnisse in den verschiedenen Berufsgruppen. Allerdings werden bis kurz vor Schulstart Lehrverhältnisse abgeschlossen, was zu notwendigen Klassenteilungen und damit hohen Kostenfolgen führt.
Die Wohnsitzgemeinden der Lernenden zahlen einen Gemeindebeitrag. Dieser deckt die budgetierten Betriebskosten abzüglich des Kantonsbeitrags, weiteren Einnahmen und zu viel erwirtschafteter Überschüsse aus den Vorjahren (Rücklagenfonds). Je kleiner der Rücklagenfonds, umso grösser die jährlichen Schwankungen der Wohnortsbeiträge. Mit einem grösseren Rücklagenfonds kann die Liquidität der Berufsfachschulen gesichert und könnten die Wohnortsbeiträge über die Jahre geglättet werden.
Schliesslich setzte sich in dieser Frage eine knappe Mehrheit für eine Erhöhung des Rücklagenfonds auf 30 Prozent durch.
Save the Date: FDP-Sommertagung 2024 Dienstag, 11. Juni 2024, 18:30 Uhr Kulturhaus Rain, Kleindöttingen/Böttstein Thema: Rolle der Schulnoten in der heutigen Bildungslandschaft Details folgen.
Aktuelle Vorstösse aus der FDP-Fraktion
Steuerrückvergütungen ein gangbarer Weg? Postulat der FDP-Fraktion, Sprecher Fraktionspräsident Silvan Hilfiker
Die FDP fordert den Regierungsrat auf, in einem Bericht zu erläutern, wie Überschüsse des Kantons an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zurückgeführt werden könnten. Der Regierungsrat lag in der Jahresrechnung 2023 um 400 Millionen daneben. Statt ein Negativsaldo von rund 300 Millionen resultierte ein Plus von fast 120 Millionen Franken. Mit Blick auf die Periode 2017 bis 2023 hat der Kanton Aargau kumuliert sogar über 1'500 Millionen Überschüsse erzielt und mittlerweile liegen in der Ausgleichsreserve fast 1'000 Millionen. Diese Budgetungenauigkeit ist auf Dauer nicht mehr tolerierbar, denn bei stetigen Überschüssen erhalten die Steuerzahlerinnen keine staatlichen Leistungen im Gegenwert ihrer Steuerausgaben.
Keine unfaire Konkurrenz durch Staatsunternehmen Motionvon Grossrat Dr. Adrian Schoop und weiteren Ratsmitgliedern
Sowohl auf nationaler als auch auf kantonaler Ebene treten Staatsbetriebe immer wieder in Konkurrenz mit privaten Unternehmen. Dieser unfaire Wettbewerb mit ungleichlangen Spiessen führt zu Marktverzerrungen und schadet dem Innovations- und Wirtschaftsstandort Aargau. In einem überparteilichen Vorstoss fordere ich, dass den ausufernden Tätigkeiten von gewissen Staatsunternehmen Grenzen gesetzt werden. Hierzu sollen die Aufgabenbereiche der Staatsunternehmen klar definiert und mit Transparenzmassnahmen sichergestellt werden. Nur so kann wieder fairer Wettbewerb herrschen.
Auseinandersetzungen zwischen eritreischen Gruppierungen Interpellationvon Grossrat Dr. Adrian Schoop
Oftmals sorgen divergierende Ansichten über das aktuelle Regime in Eritrea zu Auseinandersetzungen in der Schweiz. Doch die Schweiz darf kein Austragungsort eines fremden Konfliktes werden. Wer in der Schweiz um Schutz ersucht, soll sich an die hiesigen Regeln halten und das Gastland nicht mit gewalttätigen Auseinandersetzungen und teuren Polizeieinsätzen bedrohen. Meine Interpellation möchte unteranderem vom Regierungsrat wissen, welche Vorfälle im Kanton Aargau registriert wurden und wie mit renitenten Eritreern umgegangen wird.
Ratsgeflüster Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
SVP-Grossrat Christoph Hagenbuch feierte am Grossratsdienstag Geburtstag. Den 39., wie Ratspräsidentin Mirjam Kosch zu Beginn der Sitzung vermeldete, verbunden mit den entsprechenden Gratulationen. An der Sitzung traktandiert war auch ein überparteilicher Vorstoss der Fraktionen SVP, FDP und Grünen, der die Lancierung einer Standesinitiative zur Eindämmung der Listenflut bei Nationalratswahlen forderte. Sprecher des Vorstosses war Geburtstagskind Hagenbuch, was prompt verschiedene Votanten und Votantinnen der übrigen Fraktionen zur Aussage verleitete, sie würden keine Geburtstagsgeschenke verteilen und den von Christoph Hagenbuch vertretenen Vorstoss ablehnen. Das "Geschenk" wurde dennoch überreicht: Der Rat überwies den Vorstoss mit 87 Ja gegen 46 Nein deutlich. Die Kommission für Allgemeine Verwaltung wird nun damit beauftragt, eine entsprechende Standesinitiative auszuformulieren. Und eine Geste der Wertschätzung erhielt Christoph Hagenbuch, seines Zeichens auch Präsident des Bauernverbands Aargau, von seiner Vizepräsidentin, SP-Grossrätin Colette Basler. Sie rezitierte einen Ausspruch Hagenbuchs an einer Bauernversammlung: "Die Bürokratie ist das Einzige, das auch im Winter wächst." und ernete dafür Heiterkeit aus dem Ratssaal.
Jürg Baumann wurde am Dienstag als Grossrat und neues Mitglied der SVP-Fraktion (Nachfolger von Christian Keller) in Pflicht genommen. Und er fiel schon bei einer seiner ersten Abstimmungen im Ratssaal auf, als er als einziger seiner Fraktion bei der Beratung des Energiegesetzes einen Antrag auf Streichung der Meldepflicht beim Ersatz von Elektro-Wasserwärmern ablehnte. Es ist nicht bekannt, ob er damit zu Beginn seiner Ratstätigkeit gezielt seine Unabhängigkeit unterstreichen wollte. Ebensowenig weiss man, ob er anschliessend einen verbalen Abrieb von Fraktionschefin Désirée Stutz erhielt. Fakt ist auf jeden Fall, dass Neo-Grossrat Baumann für den Rest seines ersten Ratstages stets mit der Mehrheit der SVP abstimmte.
Die Debatte zum Energiegesetz verkam teilweise zu einem Pseudo-Fachdisput über Vogelkunde. Ralf Bucher (Mitte) war der Ansicht, dass das Energiegesetz der berühmte Spatz in der Hand sei. Und zwar ein fetter, schon fast so wie die ebenso berühmte Taube auf dem Dach. Man soll sich diesen Spatz doch also schnappen, denn die Taube sei längst fortgeflogen. SP-Grossrat Martin Brügger beschied Kollege Bucher, er habe in Sachen Ornithologie noch Potenzial, denn der besagte Spatz sei keinesfalls fett, sondern vielmehr magersüchtig und könne sicher auch nicht mehr fliegen. Zum Fliegen kam das Energiegesetz in der Schlussabstimmung dennoch, es wurde mit den Stimmen von SVP, FDP und Mitte deutlich angenommen. Ratsflüsterer