FDP-Fraktion kämpft für eine leistungsfähige Aargauer Volksschule
Sie erinnern sich vielleicht. Im August 2023 hat die FDP-Fraktion einen liberalen Standpunkt zur Aargauer Volksschule formuliert und ein Vorstosspaket zur Umsetzung eingereicht. Wir waren und sind noch immer besorgt über die Zukunftsfähigkeit der Aargauer Volksschule.
Bildung ist einer der wichtigsten Rohstoffe unseres Landes und eine Grundvoraussetzung, damit der Aargau zum attraktivsten Wirtschaftsstandort der Schweiz aufsteigt. Gute Schulen stellen entscheidende Weichen und beeinflussen die Standortqualität wesentlich.
Rund 80'000 Schülerinnen und Schüler werden von über 10’000 Lehrpersonen in den Aargauer Volksschulen auf einen erfolgreichen beruflichen Einstieg vorbereitet. Seit längerem beklagen sich die Wirtschaft sowie die Berufs- und Mittelschulen aber über fehlende Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler nach dem Absolvieren der obligatorischen Schule. Oftmals verfügen sie nur über mangelnde sprachliche und mathematische Fähigkeiten. Diese Defizite aufzuarbeiten, führt zu grossem Aufwand in der Wirtschaft und in den Ausbildungsstätten.
Wir stellten drei Forderungen, damit die Wirtschaft in Zukunft über ausreichend gut ausgebildete Fachkräfte verfügt und wettbewerbsfähig bleibt:
1. Neue Denkansätze für eine zukunftsfähige Bildungspolitik
Es braucht neue Denkansätze in der Bildungspolitik, um zukunftsfähig zu sein. Schulwochen sind neu zu denken: Weniger dicht gedrängte Schultage steigern die Qualität der Grundbildung und verbessern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit Pilotversuchen wollten wir dies in der Praxis testen.
Für alle Oberstufenzüge ist eine Abschlussprüfung einzuführen, um die Zielerreichung zu überprüfen. Nur so kann die Versorgung der Wirtschaft mit gut ausgebildeten Fachkräften sichergestellt werden.
Zur Verbesserung der Ausbildungsqualität ist die integrative Heilpädagogik als ressourcenintensive Schulungsform zu hinterfragen. Die Bildung von Hochbegabten und durchschnittlich Begabten darf nicht gegeneinander ausgespielt werden.
2. Unternehmerische Führung und demokratische Verantwortung der Volksschulen
Damit die Volkschule Aargau künftig zu den besten Schulen in der Schweiz zählt, sind unternehmerische Prinzipien und Führungsansätze zu definieren, die eine effiziente und effektive Führung der Schule sicherstellen. Es braucht eine strategische Ausrichtung anhand einer strategischen Vision und klarer Ziele zur Entwicklung der Volksschule. Wir wollen eine Schule, die gesellschaftlich akzeptiert ist und durch ihre Resultate überzeugt.
3. Abbau Bildungsbürokratie
Administrative Hürden und bürokratische Prozesse sind zu reduzieren oder zu beseitigen. Die Schulleitungen und Lehrpersonen müssen sich stärker auf ihre Kernaufgabe konzentrieren: Die Bildung und Entwicklung der Schülerinnen und Schüler. Um die Schulleitung, Schulverwaltung und Lehrpersonen zu entlasten, muss die Wahrnehmung von Stellvertretungen von Lehrpersonen entbürokratisiert werden.
Mittlerweile hat der Regierungsrat unsere Vorstösse beantwortet und der Grosse Rat hat darüber diskutiert. Leider wurden nicht alle Vorstösse in unserem Sinne überwiesen. Lesen Sie in diesem Inside die Details dazu.
Abstimmungen vom 3. März 2024: Parolen FDP.Die Liberalen Aargau
1. Volksinitiative vom 28. Mai 2021 "Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)" NEIN >>> Jetzt dem Nein-Komitee beitreten: www.aargauerkomitee.ch 2. Volksinitiative vom 16. Juli 2021 "Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)" JA >>> Jetzt dem Ja-Komitee beitreten: www.renten-sichern.ch/mitmachen
Parlament und Regierung wollen (fast) keine Veränderungen
Neue Ansätze der FDP-Fraktion stossen weitgehend auf taube Ohren
Abgelehnt: Einführung einer Abschlussprüfung
Die FDP-Fraktion forderte mit einer Motion die Einführung einer Abschlussprüfung am Ende der Volksschule. Damit sollte einerseits ein Instrument geschaffen werden, das kantonsweit vergleichbare Aussagen zum Erreichen der Bildungsziele erlaubt hätte. Andererseits hätte eine solche Prüfung auch einen sinnvollen Abschluss der Oberstufe dargestellt und den jungen Menschen Gelegenheit gegeben zu zeigen, was sie in den elf obligatorischen Schuljahren gelernt hatten. Der Regierungsrat wollte die Motion zwar entgegennehmen, aber gleichzeitig abschreiben, obwohl die Kernforderung nicht erfüllt ist. Der Regierungsrat war der Ansicht, dass die Checks, die seit sieben Jahren an den Schulen durchgeführt werden, die oben aufgeführten Ziele erfüllen würden. Dem ist jedoch nicht so. Ein grosser Teil der Checks wird online erledigt. Das limitiert die Art der Aufgabenstellung und führt dazu, dass Jugendliche mitunter auch durch Raten mit etwas Glück ein akzeptables Resultat erreichen können. Zudem entspricht die Durchführung vielerorts nicht den Vorgaben, wie beispielsweise dass die Jugendlichen beim Lösen Hilfsmittel nutzen können. Ebenso gibt es jedes Jahr Schulen, welche die Tests gar nicht durchführen. Weil der Kanton die Resultate nur auf Kantonsstufe erhält, ist es nicht möglich festzustellen, wo es ungenügende Leistungen gibt und wo eine Schule ein Qualitätsproblem hat. Die jüngste PISA-Studie zeigte auf, dass schweizweit ein Viertel der Jugendlichen nur ungenügend lesen kann und damit schlecht auf die Herausforderungen des Lebens vorbereitet sind. Wie es im Aargau aussieht, wissen wir nicht. Weil die Aufrechterhaltung der Motion im Parlament chancenlos war, wollten wir den Vorstoss in Form eines Postulats aufrecht halten, doch fand auch dies keine Mehrheit. Wir bleiben dran.
Abgelehnt: Pilotprojekt neue Schulwochen
Seit Generationen besteht das Schuljahr aus rund 39 Unterrichtswochen und 13 Ferienwochen. Die Anzahl und Verteilung der Ferienwochen sind historisch gewachsen und orientierten sich ursprünglich am Bedarf der Landwirtschaft. Während damals die Kinder auf dem Hof mithelfen mussten, stellen die Schulferien für die meisten Familien heute grosse Herausforderungen in der Betreuung dar. Gleichzeitig hat der Lernstoff gegenüber dem 19. Jahrhundert teils massiv zugenommen. Warum also nicht den Unterricht altersabhängig besser über das Jahr verteilen? Die freisinnige Fraktion stellte dies in einer weiteren Motion zur Debatte.
Fakt ist: Ein Kindergartenkind hat andere Erholungsbedürfnisse als ein Jugendlicher in der Oberstufe. Wir wissen heute, dass in der Pubertät die Leistungsbereitschaft am frühen Morgen abnimmt und ein späterer Schulbesuch mehr brächte. Auf der Oberstufe haben Schülerinnen und Schüler rund 14 verschiedene Unterrichtsfächer. Viele Fächer sind nur mit einer Lektion dotiert und es ist jeweils eine grosse Herausforderung sicherzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler nach einer Woche noch wissen, was in der letzten Stunde behandelt worden ist. Während einzelne Fächer sinnvollerweise regelmässig unterrichtet werden, gibt es andere, die besser blockweise oder projektbezogen unterrichtet werden. Das ist aber mit den bestehenden Stundenplänen kaum möglich, da sie sich an den Wochenlektionen zu orientieren haben und die Lehrpersonen auf der Basis von Wochenlektionen angestellt sind. Eine bessere Verteilung der Schulstunden und eine Flexibilisierung der Stundentafeln könnte auch den Lehrpersonen entgegenkommen, wenn die Arbeit gleichmässiger übers Jahr verteilt wäre. Aber leider wollte weder der Regierungsrat noch der Grosse Rat einem Pilotprojekt eine Chance geben.
Förderung von (hoch-)begabten Kindern und Jugendlichen
In einer Interpellation stellte die FDP-Fraktion dem Regierungsrat eine Reihe von Fragen zur Förderung von (hoch-)begabten Kindern im Aargau. Es ist erfreulich, dass es verschiedene Gefässe gibt, um solche Kinder und Jugendliche adäquat zu fördern. Vorausgesetzt, ihre Begabung wird von den zuständigen Lehrpersonen als solche erkannt und die Schulen vor Ort setzen ihre Ressourcen nicht nur für die Förderung lernschwacher und verhaltensauffälliger Kinder ein, sondern auch für (Hoch-)begabte.
Schwimmunterricht an Aargauer Schulen
Obwohl Schwimmen ein verpflichtender Bestandteil in allen drei Zyklen der Volksschule ist und es aufgrund von Rückmeldungen von Eltern Gemeinden gibt, die keinen entsprechenden Unterricht auf Primarschulstufe anbieten, sieht der Kanton keinen Handlungsbedarf, hier genauer hinzuschauen, wie er in der Antwort auf eine Interpellation ausführte. Gerade im Wasserkanton Aargau eine nicht zu unterschätzende Gefahr.
Übertritt Volksschule / Kantonsschule
In diesem Sommer sind die ersten Lernenden in die Kantonsschulen eingetreten, die nach dem neuen Lehrplan unterrichtet worden sind. Wie aus Mittelschulkreisen zu vernehmen ist, weisen die jungen Lernenden teils sehr grosse Lücken in grundlegenden Bereichen auf. Ob es sich um Einzelfälle oder um systematische Defizite handelt, ist unklar. Deshalb haben wir seitens FDP auch hierzu eine Interpellation eingereicht. Obwohl inzwischen vieles darauf hinweist, dass seit der Abschaffung der Bezirksschulabschlussprüfung und der Einführung des neuen Lehrplans die Leistungen in wichtigen Fächern wie Deutsch und Mathematik schlechter werden, sieht der Regierungsrat keinen Handlungsbedarf, sondern möchte bis zur Evaluation noch etwas zuwarten. Es ist zu hoffen, dass die für den Frühling angekündigte "Definition von Anschlusspunkten" beim Übertritt von der Bez an eine Mittelschule den Leistungsrückgang zu bremsen vermag.
In einer Interpellation wollte die FDP-Fraktion wissen, wie der Regierungsrat zur Einführung von neuen pädagogischen Methoden an unserer Volksschule steht. Die Antworten sind ernüchternd. Er schiebt die Verantwortung den Gemeinderäten zu. Ganz nach dem Motto: Augen zu und durch!
An der Aargauer Volksschule werden neue pädagogische Konzepte ohne Qualitätssiegel einfach eingeführt und ausgetestet. Wir Freisinnigen halten diese Tendenz für höchstproblematisch, weshalb wir dem Regierungsrat ein paar Fragen gestellt haben. Doch die Antworten sind ernüchternd.
Ungenügende Qualitätskontrolle und umstrittene neue Lernmethoden
Mir scheint, der Regierungsrat will nicht sehen, was an unserer Volksschule abgeht. So wollten wir nämlich vom Regierungsrat wissen, ob es qualitätssichernde Massnahmen wie ein Zulassungsverfahren für neue pädagogische Konzepte gebe. Nein, gibt es nicht. Die Methoden hätten sich nur an die Anforderungen des Lehrplans, den Vorgaben des Schulgesetzes und an den kantonalen Qualitätsansprüchen auszurichten. Es wird aber nicht systematisch geprüft, ob mit diesen Methoden die Bildungsziele erreicht werden können, bevor sie breit ausgerollt werden.
Doch von was sprechen wir überhaupt? Beispielsweise vom «Churermodell» oder von «Lernlandschaften». Diese Methoden würden gemäss Regierungsrat das «individualisierte, differenzierte und selbstgesteuerte Lernen» ermöglichen und hätten deshalb durchaus Platz. Aber um es mit den Worten meines ehemaligen Lehrers zu sagen: «Das können nur ganz wenige Kinder und Jugendliche, alle anderen sind damit komplett überfordert und lernen kaum etwas.» Ist das die Qualität, die wir von unserer Volksschule erwarten? Oder die Chancengleichheit für Kinder aus bildungsfernen Familien?
Oder gerade letzte Woche macht die az Aargauer Zeitung publik, dass an der Schule Würenlingen die Schulnoten abgeschafft wurden. Es kommt mir vor, wie wenn wir die Kinder mit keinen unangenehmen Tatsachen mehr konfrontieren wollen und staunen dann, wenn sie als Erwachsene mit dem Berufs- und Gesellschaftsleben nicht klar kommen. Wo das wohl noch hinführt?
PISA-Studie zeigt: Leistungsfähigkeit der Schweizer Schülerinnen und Schüler nimmt ab
Fakt ist: Die Leistung der Kinder, Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen hat über die letzten Jahrzehnte deutlich abgenommen. Das sind nicht einfach Behauptungen von uns Freisinnigen. Fragen Sie Lehrpersonen der Sek-II-Stufe, Lehrbeauftragte an den Universitäten oder Prüfungsabnehmer von Berufsverbänden wie dem Anwaltsverband. Und erst kürzlich im Dezember 2023 wurden die Ergebnisse der PISA-Studie 2022 veröffentlicht: Der Anteil an 15-jährigen Schülerinnen und Schülern, die im Bereich Lesen leistungsschwach sind, beträgt ein Viertel!
Integrative Schule soll nicht kritisch geprüft werden
Mangelnder Wille von Regierungsrat und Grossem Rat zu ergebnisoffener Evaluation
Wir forderten den Regierungsrat in einem Postulat auf, die integrative Heilpädagogik kritisch und differenziert zu überprüfen und dem Grossen Rat mit einem Bericht mögliche Handlungsoptionen vorzulegen. Im Jahr 2016 wurde die integrative Heilpädagogik intensiv im Grossen Rat diskutiert. Bereits damals ging hervor, dass die integrative Schulung ihre Ziele verfehlt hat. Rückmeldungen aus dem Bildungsumfeld stärkten unsere Absicht. Eine kritische Überprüfung dieser Schulform nach rund 14 Jahren schien uns somit längst überfällig.
Der Regierungsrat beurteilte dies anders. Er wollte das Postulat zwar entgegennehmen, aber direkt wieder abschreiben. Die FDP-Fraktion bekämpfte dies. Auch wenn der Regierungsrat auf 11 Seiten Ausführungen vorgenommen hat, soll er sich nochmals mit der Thematik auseinandersetzen. Und zwar aus folgenden Gründen:
Sicht der Wissenschaft: Der Regierungsrat bezieht sich auf drei Studien aus dem Jahr 2011, eine aus dem 2007 und eine aus dem Jahr 2020. Eher befremdend, dass auf 13jährige Studien und sogar auf eine 17jährige Studie Bezug genommen wird um darzulegen, dass der Aargau auf dem richtigen Weg ist. Ein Blick auf die PISA-Studie vermittelt ein anderes Bild.
Sicht der Lehrpersonen: Wir forderten den Regierungsrat auf, die Sicht der Lehrpersonen einzubinden und mittels strukturierter Befragung Einschätzungen von der Bildungsfront einzuholen. Lehrpersonen, die tagtäglich mit dieser Schulform konfrontiert sind, verfügen über wichtige Erfahrungen. Der Regierungsrat verwies aber nur auf bestehende Gefässe.
Optimierung dieser Schulform: Auf den Aspekt, dass beispielsweise sozial auffällige Lernende, die den Unterricht massiv stören, nicht mehr in diesen Strukturen unterrichtet werden, wird gar nicht erst eingegangen. Auch hier könnten zusätzliche Gedanken angestellt werden.
Leider lehnte der Grosse Rat unser Anliegen mit 88 zu 43 Stimmen ab. Die SP-Fraktion hat leider falsch abgestimmt – sie hatte uns ihre Unterstützung signalisiert – aber es hätte auch mit den Stimmen der Sozialdemokraten (knapp) nicht gereicht. Somit bleibt alles beim Alten.
Postulat betreffend Abbau von Bürokratie bei Stellvertretungen von Lehrpersonen
Wir forderten in unserem Postulat, Bürokratie bei Stellvertretungen von Lehrpersonen abzubauen. Möchte beispielsweise eine Lehrperson beim Ausfall einer Kollegin zusätzlich drei Lektionen unterrichten, braucht es eine Anstellungsverfügung sowie einen handschriftlich unterzeichneten Anstellungsvertrag in zweifacher Ausführung. Dieser Vertrag muss im System erfasst werden und zum Abschluss braucht es noch ein Austrittsformular! Dieser Aufwand für minimale Pensen ist unverhältnismässig und muss reduziert werden.
Der Regierungsrat nahm unser Anliegen entgegen und der Grosse Rat überwies unsere Forderung stillschweigend. Damit haben wir einen kleinen Schritt zum Bürokratieabbau geleistet.