Der letzte Dienstag markierte den Start ins letzte Jahr der laufenden Legislatur. Traditionsgemäss wird an der ersten Sitzung des Jahres das Grossratspräsidium neu bestellt. Auf Dr. Lukas Pfisterer (FDP) folgt Dr. Mirjam Kosch (Grüne). Ich bin überzeugt, Mirjam wird dieses Amt sehr gut ausführen und einen reibungslosen Ratsbetrieb sicherstellen. An der anschliessenden Feier, an der ich als Vertreter der FDP-Fraktion teilnahm, hält der Fraktionspräsident oder die Fraktionspräsidentin der Partei der neu gewählten Grossratspräsidentin traditionellerweise eine Ansprache im Namen aller Fraktionen. Diese Aufgabe kam dieses Jahr Robert Obrist, dem Fraktionspräsidenten der Grünen, zu. Statt für eine Ehrung, nutze dieser die Gelegenheit aber vor allem dafür, vor versammelter Politprominenz gegen die bürgerliche Politik im Aargau zu wettern. Sie können sich sicher vorstellen, dass weder ich noch die anderen (bürgerlichen) Anwesenden sonderlich erfreut über diese Ausfälle waren. Als mir diese Aufgabe letztes Jahr bei Lukas zukam, wäre es mir nicht im Traum in den Sinn gekommen, gegen links-grüne Sozialromantik Stimmung zu machen – zumindest nicht in diesem Rahmen. Aber wie Bligg schon sang: "Stil chamer nöd lerne – nei me hätten, oder nööd."
Gerne nutze ich nun den Jahresbeginn, um Ihnen einen kurzen Ausblick auf drei wichtige Geschäfte zu geben:
Weiterentwicklung der Polizeiorganisation: Voraussichtlich im März wird der Grosse Rat über die künftige Polizeiorganisation befinden. Im Kern geht es darum, ob im Aargau das duale Polizeisystem mit Regionalpolizeien und der Kantonspolizei beibehalten, oder ob es künftig als Einheit – z.B. als Polizei Aargau – geführt werden soll. Für einmal verlaufen die politischen Gräben nicht entlang der Parteigrenzen, sondern zwischen Parlamentariern mit und ohne Gemeinderatsmandat. Auch in der FDP-Fraktion gehen die Meinung entsprechend auseinander.
Gesundheitspolitische Gesamtplanung (GGPL): Voraussichtlich ebenfalls im März setzt sich der Grosse Rat mit der GGPL auseinander. Bei diesem Geschäft mit dem sperrigen Titel geht es darum, wie sich die Strategie des Gesundheitswesens im Aargau künftig präsentiert. Die letzte Strategie ist über 10 Jahre alt – es ist somit höchste Zeit, dass wir uns den neuen Realitäten anpassen. So ist z.B. bei den Kantonsspitälern eine Entflechtung der konfliktbeladenen Mehrfachrolle des Kantons als Eigentümer, Finanzierer, Leistungsbesteller und Regulator notwendig. Sie entspricht einer langjährigen Forderung der FDP.
Steuergesetzrevision 2025: Im 2022 habe ich im Namen der FDP-Fraktion einen Vorstoss zur Senkung der Steuern für natürliche Personen eingereicht, nachdem die Abstimmung über die Senkung der juristischen Steuern unter Dach und Fach war. Mit diesem wollen wir eine Steuersenkung für natürliche Personen erreichen, die durch die gesetzliche Erhöhung der Eigenmiet- und Vermögenssteuerwerte von Liegenschaften belastet werden. Der Regierungsrat hat nun im Dezember 2023 seine Botschaft dazu präsentiert. Kernelemente der Vorlage sind: Senkung der Vermögenssteuern, Erhöhung des Kinderabzugs, deutlich höhere Abzüge für Kinderdrittbetreuung, höhere Abzüge für Aus- und Weiterbildung und eine Steuertarifsenkung für Vereine und Stiftungen.
Auch im letzten Legislaturjahr stehen wegweisende Entscheide an. Ich freue mich, zusammen mit der FDP-Fraktion die liberale Grundhaltung in den Beratungen zu verteidigen.
Abstimmungen vom 3. März 2024: Parolen FDP.Die Liberalen Aargau
Volksinitiative vom 28. Mai 2021 "Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)" NEIN >>> Jetzt dem Nein-Komitee beitreten: www.aargauerkomitee.ch
Volksinitiative vom 16. Juli 2021 "Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)" JA >>> Jetzt dem Ja-Komitee beitreten: www.renten-sichern.ch/mitmachen
Beschwerdefähigkeit auch für Klassenzuteilungen bleibt
Die Schulleitungen vor Ort versuchen, die vorhandenen Ressourcen so effizient wie möglich einzusetzen und werden dabei zunehmend von Eltern ausgebremst, weil noch so jede kleine Entscheidung angefochten wird. Die FDP-Fraktion wollte mit einem Postulat eine Auslegeordnung, in welchen Fällen die Anfechtbarkeit von Entscheiden für die Klassenzuteilung eingeschränkt oder gänzlich abgeschafft werden kann.
Die FDP-Fraktion nimmt zur Kenntnis, dass im Kanton Basel-Land sogar nicht einmal der Übertrittsentscheid beschwerdefähig ist – dort entscheidet die Lehrperson abschliessend. Im Kanton Aargau hingegen sind sogar Einteilungen in Klassen anfechtbar – sowohl eine Einteilung in ein bestimmtes Schulhaus als auch in eine bestimmte Klasse innerhalb desselben Schulhauses. Die FDP wollte mit einem Postulat wissen, in welchen Fällen eine Einschränkung oder sogar eine Abschaffung der Beschwerdefähigkeit im Einklang unter Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundsätzen möglich wäre.
Chance für Auslegeordnung verpasst
In der Beantwortung des Regierungsrats fehlt eine differenzierte Auseinandersetzung mit den verschiedenen "Tatbeständen". Er äussert sich lediglich allgemein, dass eine Einschränkung der Beschwerdefähigkeit von Entscheiden wider die Bundesverfassung sei. Die FDP bedauert, dass dem Grossen Rat diese Begründung zur Ablehnung des Postulats genügte. Wir hätten gerne eine differenzierte Auslegeordnung gehabt. Denn der FDP geht es nicht um promotionsrelevante Entscheide oder Übertrittsentscheide wie im Kanton Basel-Land, sondern um Entscheidungen von einer geringen Tragweite, die der effizienten Organisation der Schule vor Ort dienen. Die FDP-Fraktion war dabei alleine auf weiter Flur. So bleibt alles wie es ist und die Schulleitungen vor Ort sowie die Gemeinderäte schlagen sich weiterhin mit Beschwerden gegen Entscheidungen von geringer Tragweite herum.
Parteitag 24/1
Dienstag, 23. Januar 2024, 19:00 Uhr Gemeindesaal/Mehrzweckhalle, Hausen AG
u.a. mit Parolenfassungen zu den eidg. Abstimmungen über die beiden Gesundheitsinitiativen
Ratsgeflüster Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
Turnusgemäss wurde zum Jahresbeginn der Vorsitz des Regierungsrats weitergegeben. Neu ist Markus Dieth als Landammann Präsident der Exekutive und nimmt damit auf der Regierungsbank im Grossratssaal den Platz in der Mitte ein (was freilich nichts mit der gleichnamigen Partei zu tun hat, der Dieth angehört). Sein Vorgänger Jean-Pierre Gallati rückt stattdessen nach ganz links (aus Optik des Halbrunds) bzw. ganz rechts (aus Optik von Präsidiums-/Regierungsratspodium). Auch wenn parteiintern bei der SVP (wie üblich bei eigenen Regierungsmitgliedern) bisweilen kolportiert wird, Gallati sei nicht mehr der gleiche Hardliner wie früher, wäre es doch definitiv verfehlt, den ehemaligen SVP-Fraktionspräsidenten und heutigen Regierungsrat links zu verorten (zumindest politisch).
Nachdem er als Grossratspräsident 2023 noch die erste Sitzung im 2024 eröffnet und durch die Präsidiumswahlen geführt hatte, war es für Lukas Pfisterer definitiv Zeit, Abschied zu nehmen vom Ratsvorsitz. Seine souveräne Ratsleitung wurde allenthalben geschätzt und es war deutlich spürbar, wie wohl sich der letztjährige Präsident in dieser Rolle fühlte. Er freue sich nun aber auch darauf, wieder als "gewöhnliches" Ratsmitglied inhaltlichen Einfluss auf die Grossratsgeschäfte zu nehmen, so Pfisterer. Unter den Augen des versammelten Grossen Rates offizialisierte er dies durch den Tausch des Badges "Lukas Pfisterer, Grossratspräsident" zurück zu "Lukas Pfister, Grossrat" und nahm seinen Platz im Halbrund ein.
Gleich vier neue Ratsmitglieder wurden zu Beginn der Sitzung in Pflicht genommen. Dass die vier Neuen bei den Gesamterneuerungswahlen im kommenden Herbst wieder antreten, dürfte ziemlich sicher sein. Wer von den übrigen 136 Ratsmitgliedern sich alles für eine weitere Amtszeit bewirbt bzw. wer seine Tätigkeit im Parlament beendet, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Mehr Anlass zu Diskussionen gibt die künftige Zusammensetzung des Regierungsrats. Es ist zu vernehmen, dass die fünf Exekutivmitglieder bald mitteilen wollen, wer sich wieder zur Wahl stellt. Man darf gespannt sein.
Grossratspräsidentin 2024 ist Mirjam Kosch (Grüne), sie ist damit im letzten Jahr ihrer ersten Legislatur bereits höchste Aargauerin. Unterstützt wird die neue Präsidentin von den Vizepräsidenten Markus Gabriel (SVP) und Urs Plüss (EVP). In der Gratulationsansprache seitens Regierungsrat würdigte Landammann Markus Dieth zuerst die Verdienste des abtretenden Präsidenten Lukas Pfisterer. Die Überleitung zur Gratulation an die neue Präsidentin sorgte dann für einiges Gelächter, als Dieth mit den Worten begann "und nun zu dir, liebe Marianne". Nach einem peinlichen Moment der Stille bemerkte der Regierungsratsvorsitzende seinen Fauxpas und korrigierte die Ansprache auf "Mirjam". Man lernt daraus: Die niederschwellige Präsenz von Mitte Aargau-Matriarchin Marianne Binder-Keller scheint allgegenwärtig, selbst wenn sie physisch im Grossratssaal nicht selbst vor Ort ist. Aber die Wege sind kurz und inskünftig noch kürzer, sitzt doch neu mit Simon Binder der Sohn der Mitte-Kantonalparteipräsidentin und Ständerätin im Grossen Rat. Es ist davon auszugehen, dass bei Familientreffen der Binders und Kellers mit alt Stände- und Nationalrat Julius Binder, alt Nationalrat Anton Keller und alt Grossrat Andreas Binder nicht nur übers Wetter geredet wird.
Ratsflüsterer
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